Wohnbereich

Verwaltungszentrum: Unterkünfte der Mentoren: Victorias Unterkunft

Victoria und ich hatten unseren Tributen aufmerksam zugesehen, auch wenn wir wahrscheinlich beide gedanklich eher woanders waren - zumindest ging es mir so. Doch in dem Raum, wo wir mit den ganzen anderen Mentoren und Stylisten der Parade auf einem Bildschirm folgten, konnten wir uns schlecht erneut um den Hals fallen.
Ich lenkte mich von Vics Nähe ab, indem ich mich so gut es ging auf die Parade konzentrierte. Die Outfits, die Mauricio gemacht hatte, waren wirklich nicht schlecht. Das schien auch einigen Zuschauern aufgefallen zu sein. Aber leider waren die Karrieretribute mal wieder diejenigen, die viel Aufmerksamkeit auf sich zogen. So hatte ihr Mentor zwei von ihnen als ein Liebespaar auftreten lassen, was wirklich keine schlechte Taktik war. Dennoch schien es für meinen Geschmack gerade bei den Distrikt 1-Tributen für zu offensichtlich, dass das bei den beiden ein reines Zweck-Bündnis war, um Sponsoren anzulocken. Denn für gewöhnlich hatten die Tribute aus den ersteren Distrikten eher den Ruf, kaltblütig und selbstgerecht als romantisch und auf das Wohl ihres Mittributs achtend zu sein. Aber wir würden schon sehen ...
Nachdem der Präsident mit seiner Rede geendet hatte, machten Vic und ich uns auf den Weg zum Trainingscenter, wo wir gemeinsam mit unseren Tributen zu Abendessen würden. Auf dem Weg dorthin wurden wir allerdings von einem Interview-Team abgelenkt, die uns einige Fragen stellten, die ich souverän und so schnell es ging beantwortete. Wenn wir es nicht taten, würde das nur wieder zu Problemen mit dem Präsidenten führen, das hatte ich bereits einige Male selbst herausfinden dürfen.
Irgendwie schafften wir es dann doch noch dem Interview-Team mit einem aufgesetzten Lächeln zu entkommen, und fuhren mit dem Lift hinauf in die 7. Etage, wo sich das Apartment unserer Tribute befand. Jene waren noch nicht hier, wahrscheinlich holte sie unsere Betreuerin Filini gerade erst ab. Doch dass wir alleine waren, ließ mich sofort besser gelaunt werden.
Grinsend nahm ich wieder Vics Hand und zog sie mit mir heraus aus dem Aufzug in den luxuriösen Wohnbereich des Apartments.
"Wie viel Zeit, glaubst du, haben wir?", flüsterte ich schelmisch und zog sie näher an mich ran, indem ich meine Hände auf ihrer Hüfte liegen ließ.

---> Aleks Crudge

Ich lugte durch den Türspalt, ehe ich den Raum betrat. Obwohl ich ziemlich schlaksig war so war ich doch für meine 13 Jahre eine ganze Ecke zu klein.

Unsere Mentoren waren schon da.
"Hallo", begrüßte ich die beiden freundlich mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. "Wann gibt's denn Essen?", fragte ich frei heraus. Zur Unterstützung knurrte mein Magen laut.

Schlurfend bewegte ich mich zur Couch und ließ mich in die Kissen fallen. All dieser Luxus – ein Vorgeschmack auf das Leben, das mir blühte, wenn ich gewonnen hatte. Ein Leben, auf das ich mich freute – auch darauf, es mit meinen Eltern teilen zu können. Ihre Liebe zu mir war mein Ansporn. Wenn sie weniger hart arbeiten müssten, vielleicht konnte meine Mutter dann nicht nur wieder schwanger werden, sondern das Baby auch zur Welt bringen. Schon immer hätte ich gerne eine kleine Schwester gehabt. Oder einen kleinen Bruder.
Ich könnte auf die oder den Kleinen aufpasse, ihr alles beibringen, was ich wusste. Sie würde sich nicht für Tesserasteine eintragen lassen müssen, würde Hunger nur als Wort und nicht aus Erfahrung kennen.

Gemütlich zog ich die Beine an meinen Körper, nachdem ich meine Schuhe abgestreift hatte, und sah zu unseren Mentoren hinüber.
Ich war neugierig, was uns die Mentoren in den paar Tagen bis der Startschuss ertönte alles beibringen würden. Immerhin hatten sie selbst das alles schon erlebt. Und sie wirkten auf mich ziemlich glücklich. Anscheinend hatte sie ihren versprochenen Preis, ein Leben, erhalten und genossen es in vollen Zügen. Ich freute mich schon darauf, wenn es bei mir endlich soweit war. Wenn ich nach Hause kommen würde, wir ins Dorf der Sieger umziehen und endlich leben konnten.

Rein rechnerisch standen die Chancen in diesem Jahr durchaus schlechter als in anderen, dessen war ich mir bewusst. Allerdings, und da war ich fest davon überzeugt, nutzten in diesem Wettkampf Muskeln alleine nichts. Deshalb waren meine Chancen zwar vom Verhältnis her schlechter, von der Sache an sich jedoch nicht wirklich schlecht. Außerdem hatte ich bisher immer eine ordentliche Portion Glück auf meiner Seite gehabt.
Darauf verließ ich mich.

Irgendwann sprang ich wie von der Trantel gestochen auf.
"Die Trainings", rief ich. Die hatte ich total vergessen.

"Bis heute Abend", rief ich noch über die Schulter, rannte in mein Zimmer, holte die Trainingsklamotten und verschwand im Fahrstuhl.

---> Trainingscenter/Sporthalle/Knotenlernstand