Die Flucht

"Hm, denk schon", entgegnette ich. Sonst hätte sie vermutlich schon während der Flucht wegen Bauchschmerzen gejammert, wenn etwas mit dem Baby nicht stimmte. Ich vermutete mal, es ging der Schwangeren und dem Embryo den Umständen entsprechend gut.

Bei der Frage zum Licht zuckte ich mit den Schultern, versuchte dann aber etwas. "Gute Nacht und Licht aus", rief ich und klatschte kurz in die Hände.
Verblüfft klappte mir der Mund auf, als das tatsächlich klappte. Wobei es mich nun doch interessieren würde, ob das Teil auf meine Stimme, die Worte oder das Klatschen reagiert hatte oder ob es nur ein Zufall war.

"Ha, bin ich gut oder was?", meinte ich grinsend, bevor ich mich wieder durch den schmalen Höhleneingang hinaus zwängte.

"Angeber", raunte ich und folgte ihr durch die Höhle nach draußen.
Tatsächlich dämmerte es bereits und der Regen hatte nachgelassen, wenn auch nicht komplett aufgehört. Der Weg zum Versteck war sehr kurz.

Ich zögerte. Einfach reingehen? Anklopfen?
Da wir keine Flitterwochen anboten sondern auf der Flucht waren entschloss ich mich, keine Rücksicht auf die Privatsphäre der beiden zu nehmen. Den Eingang fand ich schnell und öffnete leise die Tür. Vielleicht hätte ich mir den Dosenfisch mitnehme sollen, dachte ich leicht verärgert über mich selbst. Doch vermutlich schmeckten die Konserven, die auf uns warteten, gar nicht mal schlecht.

"Du bist nur eifersüchtig, dass dir das Licht nicht gehorcht", entgegnete ich und streckte ihm kindisch die Zunge heraus. Als ich in den Regen trat, überlegte ich, ob ich mir nicht doch mein zweites Gewand mit nehmen sollte, schließlich war ich schon jetzt völlig durchnässt. Aber eigentlich störte es mich nicht weiter.

Ich merkte Finnicks kurzes Zögern vor dem Eingang des Versteckes, doch schließlich öffnete er die Tür schon und wir schlüpften hinein.
"Morgen Peeta, Katniss, ihr seid dran mit Wache halten", weckte ich sie, während ich in den Raum hinab stieg. Die Betten sahen mittlerweile total verlockend aus und ich beherrschte mich nur mit Mühe, dass ich mich nicht gleich hinein legte um zu schlafen.

Ich konnte ein Augenrollen nicht verhindern, als Johanna die beiden - genau genommen - Kinder unsanft weckte und sachlich auf ihre Wache hinwieß.

"Guten Morgen", sagte auch ich als meine Füße den Boden berührten und ich warf Johanna einen vorwurfsvollen Blick zu.
Vielleicht sollten die beiden erst einmal wach werden, etwas essen. Und wir sollten eine Strategie besprechen. Erst dann könnten wir schlafen.

Anders als Johanna zog ich mein nasses Hemd gleich aus, studierte kurz die Auswahl der Vorräte und schlurfte - und mehr war es wirklich nicht mehr - bewaffnet mit einer Flasche Wasser, einer Dose Gulaschsuppe mit Reis und einer Tüte Trockenobst. Ich würde gewiss niemandem etwas weg essen. Selbst wenn noch Tribute kämen, viele konnten es nicht mehr sein. Es war genug da für uns alle. Wir mussten nicht geizen.

"Wir müssen zu Kräften kommen", erklärte ich Johanna. "Du solltest Dir auch etwas nehmen."
Der Snack in der Nacht zählte ja quasi gar nicht. Jetzt hatten wir die Möglichkeit zu ruhen und zu Essen. Diese Zeit sollten wir nutzen.

Auch wenn ich momentan kaum Hunger hatte, stimmte ich Finnick zu. Wir brauchten was zu Essen um wieder zu Kräften zu kommen, das war sogar wichtiger als Schlafen, selbst wenn die Betten verdammt gemütlich aussahen.
Ich nahm mir eine Dose mit eingelegten Früchten und riss mir dazu ein Stück von einem der Brotlaiber ab. "Mahlzeit", wünschte ich und sah mich aber gleichzeitig nach einem Herd um, da wir die meisten der Gerichte kochen konnten.
In der Ecke gegenüber der Treppe gab es wirklich einen. Aber damit würde ich bis nach dem Schlafen warten.

"Und gut geschlafen ihr?", wandte ich mich an die beiden aus Distrikt 12.

Während Johanna sich etwas zum Essen suchte machte ich es mir, halb sitzend, halb liegend, auf einem der Schlafplätze gemütlich. Erst als sich meine Muskeln in dem weichen Nest entspannten merkte ich, dass ich mich schon viel zu lange verkrampft hatte. Ehe ich mir mein Essen nahm dehnte ich meine Nackenmuskulator bevor dann doch der Hunger siegte.

Ich öffnete die Dose und fing an zu Essen, während ich erwartungsvoll die Antwort von Katniss und Peeta abwartete.

Unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht geschlafen hatten, gab es wichtige Details zu klären - und zwar schnell, ich wollte endlich schlafen ...

"Ach, ich habe ganz gut geschlafen, aber für Katniss kann ich nicht sprechen.", sagte ich und blickte Finnick und Johanna ziemlich verschlafen an. Ich hatte gut geschlafen, in Betracht dessen, wer an mir gelehnt hatte. Gott, wie ich Katniss liebte. Ich machte mich vorsichtig von ohr los, da ich sie nicht wecken wollte. "Ich sollte euch beiden etwas sagen", begann ich und dachte daran, was ich und Katniss besprochen hatten. "Katniss ist nicht schwanger, es war eine Erfindung für die Arena.", sagte ich frei herraus und wartete auf eine Reaktion.

Peetas Worte erreichten mich - und gingen auch irgenwie an mir vorbei.

"Wie ... Katniss ist nicht schwanger?", fragte ich ernsthaft verwirrt. "Das heißt, ..."
Langsam dämmerte mir es. Das war anscheinend Teil ihres Plans gewesen, so wie unserer es war, die Arena frühzeitig zu verlassen. Vielleicht war die Information noch nicht ganz bei mir angekommen, jedoch war ich nicht ernsthaft sauer.

"Und ... seid ihr verheiratet?"
Ist das wichtig? Egal. Vielleicht war es die Müdigkeit, vielleicht haben die Tage in der Arena ihre Spuren hinterlassen, vielleicht wurde ich auch einfach wirklich nur älter ...

"Okay, also Katniss ist nicht schwanger", erklärte ich mir wieder.
"Gut. Okay."

Mehr hatte ich zu diesem Thema nicht zu sagen. Ob Johanna an die Decke gehen würde? Ich warf ihr einen Seitenblick zu ...

"Was?", entgeistert sah ich Peeta an. Was redete er da?
Seine Freundin war also nicht schwanger. Toll das wir das auch einmal erfuhren.
Wütend schüttelte ich den Kopf, musste aber bein Finnicks Fragen fast wieder grinsen.
Als ob es jemanden noch kümmern würde, ob die beiden nun verheiratet waren oder nicht.
Ich postete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor ich die Sache auf sich beruhen ließ.
"Ist ja auch egal, ihr beide seid jetzt erst mal dran um Wache zu halten", erklärte ich dem Jungen und ließ mich selbst noch voll angezogen und voll bewaffnet auf eines der Betten fallen.

Johanna hatte ganz offensichtlich keine Lust auf Diskussionen. Sollte mir nur recht sein.

Ich aß noch auf und stellte meine Dose neben meinen Schlafplatz, ehe auch ich mich niederlegte und sofort einschlief, nicht ohne Katniss und Peeta noch ein "Na dann viel Spaß" zuzuraunen.

Müde wachte ich auf und rieb mir die Augen,sie mussten sich erst an das Licht gewöhnen.Nach einiger Zeit sah ich wieder klar.Ich war alleine,doch bevor ich das richtig verstehen konnte kamen Finnick und Johanna und ließen sich nieder,also waren wir wohl mit der Wache dran.Seufzend stand ich auf und ging zu Peeta."Na.",murmelte ich und setzte mich neben ihm.

"Noch müde?", fragte ich Katniss und blickte in die Weite der Arena. Es war nichts zu sehen. "Ach ja, ich habe den beiden geasgt, dass du nicht schwanger bist.", fügte ich noch an.

Vom Bett herab sah ich die beiden aus Distrikt 12 noch etwas misstrauisch an.
So leicht war es einfach nicht, den Überlebenstrieb und das Misstrauen aus der Arena ab zu stellen.
"Sucht euch draußen am besten einen Unterschlupf, von wo ihr Wache haltet. Vorhin ist ein Hovercraft des Kapitols vorbei geflogen", erklärte ich den beiden.
Hoffentlich würden sie bald verschwinden, ich war wirklich kurz davor ein zu pennen.

"Nicht wirklich.",sagte ich zu Peeta und folgte seinem Blick.Von der Arena war nichts mehr zu sehen und das war auch fiel besser so."Wie haben sie reagiert?",fragte ich ihn als er sagte er hätte den beiden gesagt ich seie nicht schwanger.Es hatte ihnen bestimmt nicht gefallen das wir ganz Panem angelogen hatten,doch was sollten wir auch anderes tun?Ich hörte Johanna die was sagte was ich nicht ganz verstand.

"Machen wir Mama", sagte ich mit ironischem Tonfall zu Johanna und wandte mich wieder Katniss zu. "Sie haben jedenfalls nicht wütend reagiert. Außerdem besser jetzt als später.", sagte ich und schickte mich an nach draußen zu gehen.

"Hast auch recht.",sagte ich und folgte ihm."Wie soll es jetzt weiter gehen?",fragte ich."Wir können nicht ewig hier bleiben." Ich sah in die Ferne und fragte mich dabei was Prim und Mam machten.Ob sie sich sorgen um mich machten?Ihnen dürfte nichts passieren.

"Ich weiß nicht, aber Johanna oder Finneck müssten bescheid wissen, die beiden gehören ja zu den Rebellen, nicht wir.", sagte ich, auch wenn meine Gedanken zumindest kurz zu meiner Familie im Distrikt wanderten.

"Dann müssen wir die beiden noch mal fragen.",sagte ich."Schau da können wir uns hinsetzten.",meinte ich und zeigte auf ein paar Steine,die zusammengefallen waren und dadurch ein guten Unterschlupf bitten.

"Ja, aber nicht jetzt.", sagte ich und ging mit ihr zu dem Ort, den sie für uns als Posten bestimmt hatte.

"Ja nicht jetzt.",sagte ich und ging weiter.Wir kamen an der Stelle an die ich davor gesehen hatte und setzten uns dort hin."Und was sollen wir jetzt machen?",ich schaute mich um.Was zu tun gab es hier nicht und ich hatte jetzt schon langeweile und wenn wir hier noch einige Zeit bleiben würden,dann würde dies auch nicht besser.

"Ich weiß auch nicht.", sagte ich. Verdammt, warum war ich so unfähig ein Gespräch aufzubauen oder mir etwas zur Unterhaltung auszudenken. "Wie wäre es mit irgendeinem Spiel?", fragte ich. Ich wusste, es hörte ich mit Sicherheit sehr dämlich an, aber mir war halt nichts anderes eingefallen.

Ich seufzte erleichtert, als Katniss und Peeta aus dem Versteck verschwanden um Wache zu halten.
"Glaubst du, wir können den beiden vertrauen?", wandte ich mich an Finnick. Es ging mir weniger darum, ob sie uns plötzlich von hinten niederstechen würden - das glaubte ich selbst nicht mehr - aber ob sie wach und aufmerksam genug waren, um eine Bedrohung rechtzeitig zu erkennen und auch richtig zu reagieren, daran hatte ich doch ein paar Zweifel, auch wenn ich vermutlich nur paranoid war.
Ich streckte mich genüsslich auf dem Bett ausund schloss die Augen. Ich hatte teilweise echt schon Zweifel ob ich jemals wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde, in einem Bett schlafen zu können.

Ein Brummen entfuhr mir, als ich Johannas Stimme wahrnahm. Ich war bereits eingenickt gewesen. Nur im Halbschlaf antwortete ich ihr.

"Uns bleibt nichts anderes übrig. Ohne Katniss können wir die Rebellion vergessen."
Ich stöhnte, als ich mich auf die andere Seite drehte.
"Und jetzt mach' dir keine Sorgen sondern versuch' zu schlafen - wer weiß, wann wir wieder die Gelegenheit dazu bekommen."
Zwar hatten wir bereits beschlossen, ein paar Tage hier zu bleiben, doch was danach kam war ungewiss.

Johanna machte sich immer Sorgen, kämpfte stets um sich selbst. Sie hatte niemanden mehr, das wusste ich. Doch war sie in all den Jahren eine Freundin geworden und ich sorgte mich um sie, freute mich mit ihr und versuchte, ihr bei zu stehen, wenn es ihr weniger gut ging. Doch - ganz Johanna - ließ sie das seltenst zu.

"Schlaf jetzt", murmelte ich noch einmal.

"Genau, vielleicht sollten wir unseren wertvollen Spottölpel in einen goldenen Käfig stecken, bis wir in Sichereit sind", schlug ich sarkastisch vor.
Mir war noch nie klar gewesen, wie nervig es sein konnte, seine Überleben in die Hände von anderen zu legen - wie schafften das die Karrieros in all den Jahren trotzdem ruhig zu schlafen. Hier unten hatte ich keine Kontrolle, kaum Informationen was über der Erde vor sich ging. Und sollten sie uns hier finden, würden wir in der Falle sitzen.

Ich spielte ernsthaft mit dem Gedanken, das weiche BEtt auf zu geben und stattdessen hinauf zu gehen und mir ein Lager zwischen den Bäumen her zu richten. Was natürlich vollkommen lächerlich war, da ich nicht schneller fliehen könnte, als ein Hovercraft fliegen konnte.

"Okay", gab ich murmelnd zurück, bevor ich meine Axt zog und mich auf dem Bett zusammen rollte. Die klinge der Axt dieses mal jedoch nicht nach außen, sondern nach Innen und damit in meine Richtung gekehrt. Falls man uns hier herunten finden würde, würden sie mich nicht lebend bekommen.
Ich wusste zuviel über die Revolution, als dass sie mcih in die Fingern bekommen durften. Und ich hatte schon einmal alle verraten, die mir etwas bedeutet hatten um mich selbst zu beschützen - ich fürchtete, es unter der Folter wieder zu tun.
Ich warf einen Blick zu Finnick, ob er auch so dachte. Konnte es aber nicht sagen.

Dösig schüttelte ich den Kopf bei Johannas Worten. Es war so typsich für sie.
"Entspann' dich, in der Arena hat es auch geklappt", gab ich zu bedenken. "Und da wäre es eigentlich ihr Ziel gewesen, uns umzubringen."

Ich überlegte kurz, ob ich mit meinem Schlaflager zu Johanna umziehen sollte. So wäre sie nicht allein und hätte jemanden, dem sie vertrauen konnte. Aus Müdigkeit entschied ich mich jedoch dagegen. Meine Knochen schmerzten und ich hatte das Gefühl, mich nie wieder schmerzfrei bewegen zu können. Ich war einfach nicht mehr der jüngste, neckte ich mich in meinen Gedanken selbst.

Das schwache Licht einer Sturmlaterne beleuchtete die Höhle noch. Die Klinge von Johannas Axt blitzte kurz auf, doch da ich meine Augen geschlossen hatten sah ich das nicht mehr. Ich war viel zu erschöpft um mir Gedanken darüber zu machen, was morgen sein würde. Ich wollte nur noch schlafen.

Ein einzelnes, leises Schnarchen war zu hören, ehe ich geräuschlos in den Schlaf glitt ...