Der unberührte Wald des Distrikts

Gut, wenn man Freunde hat, dachte ich und musste lächeln. Ich war schon länger unterwegs. Vor zwei Wochen war ich aus Distrikt 6 abgereist. Ich mochte mein Leben. Ich fühlte mich frei.

Mein Ausflug in die Forschung war sehr interessant gewesen. Ich hatte viel gelernt und viel gesehen. Ich hatte wieder einmal Glück gehabt: Niemand hatte mich verraten, und ein Fortbewegungsmittel konnte ich mir obendrein auch noch organisieren, quasi … ausgeliehen. Zwei kleine Fetzen, etwa handflächengroß, die Konsistenz von Stoff. Sobald ich sie unter meine Füße oder Schuhe legte und darauf trat aktivierten sie sich. Sie sind genetisch auf einen bestimmten Träger festgelegt. Zum Glück wusste ich, wie man sie umprogrammierte. Wenn sie sich aktivierten schwebte ich knapp über dem Boden und bewegte mich mit rasanter Geschwindigkeit nach vorne, ohne mich selbst bewegen zu müssen. Ich musste nur aufrecht stehen bleiben. Das Ganze steuerte man per Gewichtsverlagerung. Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich den Dreh raus hatte. Zum Teil waren die blauen Flecke noch zu sehen. Doch das war die Sache wert gewesen. Meine Reisen würden jetzt viel schneller gehen und viel weniger Kraft kosten.

Ich hatte meine Stofffetzen jedoch vor einer halben Stunde abgenommen und war nun zu Fuß unterwegs, mein Gepäck auf dem Rücken. Mein Gepäck bestand aus einem großen Rucksack mit einem High-Tech-Schlafsack, ebenfalls aus der Forschung „geliehen“. Ich hatte quasi mein ganzes Hab und Gut runderneuert. Ein Zelt war dank des Schlafsacks überflüssig, was mein Gepäck ungemein erleichterte.
Außerdem hatte ich eine Wasserflasche, die das Wasser, dass man hineingab, innerhalb von 30 Minuten selbst aufbereitete, ohne das man Jod oder ähnliches hinzugeben musste.
Ziemlich altmodisch kamen mir dagegen die Messer vor, die ich bei mir trug. Eines an meinem Knöchel befestigt, ein größeres in meinem Rucksack. Von ein paar wenigen Klamotten abgesehen war das alles. Keine Vergangenheit. Keine Erinnerungen.

Ich fand eine kleine Lichtung, umgeben von Dickicht. Ob das als Nachtlager ausreichte? Ja. Es musste genügen. Ich kannte hier niemanden. Der Rucksack fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Waldboden. Ich aß ein paar Beeren, die ich unterwegs gesammelt hatte und trank ein paar kräftige Schluck aus meiner Flasche.
Mühsam zog ich meinen Schlafsack hervor, ehe ich alles wieder einpackte. Ich kroch in den Schlafsack und hüpfte damit umständlich zum Dickicht, unter das ich mich rollen ließ. Hier dürfte mich niemand finden, hoffte ich. Angriffe von Tieren hatte ich ja dank meines Schlafsacks nicht zu befürchten. Hoffentlich war dies kein Wald, dessen Holz sie bald nutzen wollten ...

(--> vom Marktplatz kommend)

In meinen Gedanken schwirrten die ganze Zeit die Hungerspiele. Ich hatte zwar nicht mehr sehen können wer für die diesjährigen Spiele meinen Distrikt vertreten würde,aber mir war klar,dass die in ein paar Tagen sowieso so enden würden wie der Durchschnitt. Distrikt 7 gewann ja bekanntlich nicht so oft,aber wenn ich gezogen werden würde,würde ich zurückkommen. So hatte ich es mir versprochen. Ich könnte meiner Familie endlich ein sorgenloses Leben im Dorf der Sieger bieten und mein Bruder würde stolz auf mich sein. Ich sah meine Axt an,die ich mit dem Holzgriff hinter meine Schulter geklemmt hatte.
Als ich tiefer in den Wald ging sah ich einen Baum,den ich mir vornehmen konnte. Sein Stamm war nicht gerade dünn aber auch nicht so,dass es unmöglich wäre ihn zu durchtrennen. Für die Papierfabrik müsste ich mindestens fünf davon beisteuern,aber was solls ich hatte ja noch den gesamten Tag Zeit und wenn ich schon mal da war,könnte ich nach der Arbeit mein Zielen üben. "Mein Alltag könnte viel schlimmer sein",redete ich mir zu "Ich könnte im Kapitol wohnen mir einen dämlichen Aktzent aneignen und Tribute stylen,die ich danach wortwörtlich nie wieder sehen würde." Ich fing an zu hacken. Das Leben eines Stylisten müsste doch wirklich schmerzhaft sein. Auser er würde so denken wie ... ich umso weniger Leuten ich mich anvertraue,desdo weniger können sie mir weh tun. Denn nur die die mich am besten kennen,können mich auch verletzen.
Schulfreunde werden auch überbewertet. Irgendwann würde doch nur einer von denen gezogen werden und ich müsste das wieder mitansehen,wie bei meinem Bruder. Nachdem ich das Holz von dem ersten Baum hatte ging ich ein paar Meter daran vorbei und wollte mit dem zweiten anfangen,als ich zusammenzuckte. Es war weniger der Schock sondern die Tatsache,dass ich normalerweise immer allein im Wald war und da vorne offensichtlich ein Jemand lag. Ich lies die Axt sinken und näherte mich langsam so leise ich konnte dem Jemand zu. Er war wirklich auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen gewesen.ob der schon öfters hier gewesen war? Beim genauen hinschauen stellte ich fest,dass es ein schwarzhaariger Junge war. Vielleicht so alt wie ich,vielleicht aber auch ein wenig älter. Er schien nicht verletzt aber auch nicht gefährlich zu sein.
Ich lehnte mich gelassen,gegen einen Baum. "Alsoo wenn ich du wäre,würde ich nicht so dicht an den Brennnesseln campen,nur so als Nebengedanke" ,sagte ich nebenbei und betrachtete meine Axt.

Ich glitt fast augenblicklich in eine traumlosen Schlaf. Ich schlief, jetzt da ich wusste, dass ich am Ziel angekommen war, sehr fest und bekam so weder den Sonnenaufgang noch die Anwesenheit einer anderen Person mit. Sehr unüblich.
Als jemand neben mir das Sprechen anfing, grunzte ich nur und drehte mich um. Ich träumte wohl doch. Ich lag tief im Unterholz, vorausgesetzt ich hatte mich in der Nacht nicht vorgewälzt. Und ich bewegte mich eigentich nie, während ich schlief.

Ich hatte keine Antwort erwartet,auch keinen Kommentar oder so etwas in der Art. Normalerweise hätte sich aber ein normaler Mensch sofort gerechtfertigt oder das Weite von den Brennnesseln gesucht. "Na schön!" Meinte ich spöttisch und schulterte meine Axt wieder um mit dem Hacken fortzufahren. Aber mich lies das nicht los,so ein Ausschlag war ja schlieslich nicht gerade schön und der Junge schien fest zu schlafen. Mein Blick ruhte einen Augenblick auf ihn. Ob er vielleicht aus einem anderen Distrikt kam? Oder noch besser vor einem Friedenswächter geflohen war? Ich fand das richtig aufregend. Ich nahm einen Tannenzapfen in die Hand und warf den Schwarzhaarigen ab. Wenn er dadurch nicht aufwachen würde,wüsste ich auch nicht mehr. Hauptsache er würde dann merken,worauf er sich da fast gelegt hatte und sich einen besseren Platz suchen. Ein paar Gedanken schossen mir währendessen durch den Kopf. Sollte ich ihn ausfragen oder mich doch lieber zum Gehen wenden? Ich zögerte einen Moment.

Wütend setzte ich mich auf. Ich hasste es, wenn man mich weckte.
"Maaaan", knurrte ich sauer und sah mich um. Ich fand den Verursacher der fliegenden Tannenzapfen schnell. "Hast Du nichts besseres zu tun als Fremde abzuschießen?" schimpfte ich während ich mich aus dem Schlafsack schälte. Erst jetzt fielen mir die Brennnesseln um mich herum auf, was mich jedoch nicht störte. Ich wusste, dass der Schlafsack bereits getestet wurde und ungefährlich ist - und mich vor äußeren Einflüssen schützte. Ganz im Gegensatz zu meinem Fortbewegungsmittel. Das könnte mir jederzeit um die Ohren fliegen. Aber jetzt waren sie deaktiviert und ungefährlich.

Ich stopfte meinen Schlafsack in den Rucksack und stapfte in Richtung des Mädchens. Sie musste etwas jünger sein als ich ... und sie war hübsch. Na toll. Und ich hatte sie angeraunt. Wenn ich jetzt nett war dachte sie, ich würde sie anbaggern. Gut, das würde ich auch tun, aber sie sollte das ja nicht wissen. Also blieb ich vor ihr stehen und miemte den Harten.
"Du weißt, dass das auch schief gehen kann, oder? Manche Menschen schlafen schwer bewaffnet und wenn man sie angreift, dann kann das böse für dich ausgehen!"
Angreifen. Dieses Mädchen. Mich. Na klar ... Ich musste aufpassen, nicht das Lachen anzufangen. Dennoch war ich sauer. Man weckte mich nicht ungestraft einfach aus meinem wohl verdienten Schlaf auf!

Ich entschied mich doch lieber zum Gehen und wollte mich gerade zum Gehen wenden als mich jemand von der Seite ansprach...
Hast Du nichts besseres zu tun als Fremde abzuschießen? Hörte ich den Typen sagen eher er sich aus diesem merkwürdigen Schlafsack befreite und sich vor mir breit machte. Ehe ich was entgegnen konnte kam eine Moralpredigt...
Du weißt, dass das auch schief gehen kann, oder? Manche Menschen schlafen schwer bewaffnet und wenn man sie angreift, dann kann das böse für dich ausgehen! Ich war mir nicht sicher ob er kurz anfangen musste zu grinsen,anscheinend stellte ich für ihn keine große Gefahr dar. Ich musterte ihn mit einem typischen von unten nach oben Blick. Ob er noch nie eine Axt gesehen hatte und nicht wusste,was man alles damit machen kann? "Ach und wenn schon,ich kann auch ganz gut auf mich selbst aufpassen." Meinte ich unbeeindruckt. "Ich bin jeden Tag hier,ich weis wer hier rein- und rausspaziert und dich habe ich mit Sicherheit noch nie in dieser Gegend gesehen." Ich lehnte mich wieder an den Baum. "Danke Tiara,du hast mich gerade davor bewahrt auf Brennnesseln zu schlafen" ,sprach ich selbst im ironischen Tonfall und musste dann unwillkürlich grinsen. "Ich glaub nächstes Mal überlass ich dich einfach den wilden Tieren hier,die freuen sich sicher wenn jemand zum Spielen vorbeikommt."

"Pff", schnaubte ich. "Als ob Du von irgendwas einer Ahnung hättest außer deinem Holz und deinem Papier. Der wandelnde Meter kann mit einer Axt umgehen... Der Wahnsinn!"
Sarkasmus konnte ich fließend. Und so klein war sie gar nicht. Doch wenn sich dieses Mädchen - hatte sie Tiara gesagt? - ernsthaft einbildete, sie könne hier draußen auf sich aufpassen, dann war sie wohl wirklich naiv.

Und das sie mich vor den Brennnesseln warnte - wie witzig. Am liebsten hätte ich ihr erzählt dass sie total dumm sei wenn sie nicht wüsste, dass mir die Dinger nichts anhaben konnten. Was bildetete die sich eigentlich ein?

Wobei, sie war die erste Person, die ich traf. Ob ich es mir mit ihr gleich verscherzen sollte? Und, das stellte ich erneut fest, sie sah wirklich gut aus.
Doch ich ließ sie vor sich hin zicken. Typisch Mädchen. Jung, naiv ... zickig!
Seufzend verdrehte ich die Augen.

Doch ich kannte mich hier nicht aus. Also nicht gut. Ich hatte Karten der einzelnen Distrikte im Kapitol mitgehen lassen. Ich kannte mich gut in den Grauzonen aus. Doch innerhalb der Distrikte? So gern ich reiste und neue Gegenden erkundete, so ungern betrat ich das erste Mal die Zivilisation eines neuen Distrikts.

Ich ging einen Schritt in eine Richtung. Nein, lieber in die entgegengesetzte Richtung laufen. Ich drehte mich um, lief drei Schritt, ehe ich 90° nach rechts blickte. Vielleicht sollte ich dalang laufen ... ?

Laufender Meter...Er wusste wirklich nicht mit wem er es zu tun hatte. Aber so richtig hörte ich ihm nicht mehr zu. Ich war beschäftigt damit ihn genau zu beobachten. Wie er schnell sauer wurde und sich dementsprechend auch bewegte. Er war nicht einer dieser Weichspüler und er sah so aus,als hätte er schon eine Menge gesehen.
Der Junge wandte sich von mir ab und begann in eine Richtung zu laufen eher er sich verwirrt umsah. Nun war mein Interesse wirklich geweckt und das geschah recht selten. Vielleicht kam es aber auch nur deswegen,weil er der erste Junge war,der unfreundlich zu mir war. Eigentlich war das ja immer andersrum. "Du kannst natürlich da weiterlaufen,aber das führt zum Nichts." ,meinte ich amüsiert und stellte mich wieder aufrecht hin. "Du bist nicht von hier,das weis ich. Wer bist du und was machst du hier?" Fragte ich ihn scharf. "Und kannst du mir bitte erklären woher du diese Ganzen fremdländischen komischen Sachen hast?" Ich deutete mit den Fingern auf sein Equipment und ich konnte es nicht fassen. Ich hatte tatsächlich -bitte- gesagt!

"Das kommt ganz darauf an, wo hier für dich ist", antwortete ich barsch und fand das unglaublich scharfsinnig. Allerdings musste ich mir eingestehen das sie vermutlich recht hatte wenn sie mir durch die Blume sagte, dass ich buchstäblich auf dem Holzweg war. Aus der Richtung war ich nämlich gekommen. Durch halb Panem reisen, das geht. Schon klar. Aber Anschluss in einem neuen Distrikt finden: jedes Mal eine Katastrophe!

Auf ihre anderen Fragen ging ich nicht wirklich ein. "Das du Tiara heißt hast du ja bereits gesagt. Wer ich bin geht dich nichts an.". Ich war noch immer bockig. Und ich hatte seit zwei Wochen nicht mehr mit einem Menschen geredet - von mir mal abgesehen. Und sie sollte mich wirklich nicht für hilflos oder sowas halten. Ich war cool. Hart. Männlich. Prius eben.
"Und mein Kram geht dich auch nichts an", maulte ich. "Und wo hast du eigentlich das Wort fremdländisch her?"
Herausfordernd sah ich das Mädchen an. Wirklich hübsch, stellte ich schon wieder fest. Jaja, Prius ist eindeutig in Distrikt 7 angekommen. Jetzt musste ich aber wirklich lächeln, versuchte aber, es auf ihre Wortwahl zu schieben.
"Fremdländisch", sagte ich nochmal kopfschüttelnd.

Der Typ ging gar nicht auf meine Fragen ein,er umging sie gekonnt und blieb weiterhin ein Sturkopf. Ob der wirklich so war,wie er sich gab? Das konnte ich leider nicht herausfinden,dazu kannte ich ihn ja kaum. Warscheinlich schon,sonst wäre er ja nicht alleine hier. Und das was mich im Moment am meisten verwirrte war,dass ich warscheinlich auch so ein Sturkopf war. Ich war ja ebenfalls allein hier...
Aber das hatte ich ja nie in Betracht gezogen,schliesilch war ich schon immer allein hier gewesen. Ich wusste ja noch nicht mal wie der hieß und es mir sagen,wollte der überaus nette Herr auch nicht. "Na schön Fremder" Ich verschränkte die Arme und merkte,dass er mich merkwürdig ansah und dann wissen wollte,woher ich das Wort -fremdländisch- in meinem Wortschatz hatte.
Ich senkte den Blick und drehte ihm den Rücken zu. "Ich weis nichts über die anderen Distrikte nur das was das Kapitol uns zwingt zu sehen." Ich musterte ihn unauffällig "Also bezeichne ich das was ich nicht kenne als fremdländisch. Kann ganz schön viel sein,wenn du dein ganzes Leben in Distrikt 7 lebst." Ich zog eine Augenbraue hoch "Du weist doch,dass du dich in Distrikt 7 befindest oder?"

"Ach, das ist Distrikt 7?" Ich tat entrüstet und klatschte mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Sag's doch gleich..." umgehend änderte ich meinen Tonfall und wurde wieder barsch "Ich weiß wo ich bin!", faucht ich sie an.

Mir fiel auf wie sie sagte, das Kapitol zwinge sie, etwas zu sehen. Der perfekte Aufhänger.
"Wie meinst du das, dass das Kapitol dich zwingt etwas zu sehen?" Ich tat entsetzt. "Du meinst, du tust das nicht aus freien Stücken? Du greifst ernsthaft unser Kapitol an?"
Ich wechselte zu einem Flüstern. "Schämst du dich denn gar nicht? Ich sollte dich verhaften lassen!"

Ich trieb das Spiel noch ein Stückchen weiter, erzählte von Folterungen und Hinrichtungen, weil jemand die Sendung der Zusammenfassung der Hunterspiele verpasst hätte.

"Ja, das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich muss dich melden!"

Ich hoffte, sie so etwas gefügiger zu machen. Wo gab es denn sowas? So ein freches kleines Biest. So neunmalklug. Das machte mich wahnsinnig - in zweierlei Hinsicht ...

"Ich weis nicht so wie du vorhin rumgelaufen bist,kamst du mir etwas vom Weg abgekommen aus",ich hob abwehrend die Hände und verkniff mir ein Grinsen. Er sah echt witzig aus,wenn er so disorientiert war. Als er mir aber versuchte Angst zu machen und mir von allen Folterungen und Handlungen des Kapitols erzählte tat ich recht unbeeindruckt. "Kinder und Jugendliche in meinem Alter die sich Just For Fun killen.." Ich lies den Satz unbeendet "Wer schaut sich denn sowas Perverses freiwillig an auser die Kapitolbewohner?" Ich schaute ihn ernst an und hatte nicht wirklich einen Gedanken verschwendet,dass er mich melden konnte. Naja solange wir hier im Wald waren,ich mich vor allem hier viel besser auskannte und er nur allein was mit meinem Vornamen anstellen konnte,würde schon nichts ausser Kontrolle geraten.
"Und ich dachte du wärst viel cooler als die Freaks aus dem Kapitol" ,kam es mir emotionslos heraus und meine Hand umgriff fester den hölzernen Axtrgriff.
"Wenn sie mich entschuldigen Fremder,ich muss arbeiten" ,ich verbeugte mich theatralisch vor ihm und begann an dem Baum an dem ich vorher angefangen hatte,weiter das Holz zu hacken.

Ich sah Tiara eine Zeit lang beim Arbeiten zu. Schließlich kritisierte ich jeder ihrer Arbeitsschritte, ahmte dazu den Dialekt des Kapitols nach.

Irgendwann hatte ich den Spaß daran verloren.
Ich packte meinen Rucksack, den ich zwischenzeitlich abgesetzt hatte, und schnürte ihn mir fest auf den Rücken.

"Viel Spaß beim Arbeiten", rief ich über meine Schulter während ich losmarschierte. Ich dachte, ich ginge in Richtung der Siedlung, die hier irgendwo sein musste. Allerdings hatte ich mich um ein paar Grad verschätzt und würde geradewegs wieder zur Grenze laufen.

Mein Orientierungssinn war echt miserabel, daran müsste ich arbeiten. Manchmal fragte ich mich, wie ich überhaupt so weit gekommen war.
Ich zögerte kurz. Vielleicht sollte ich Tiara ja meine Hilfe anbieten. Es gab nichts, dass eine Frau eher beruhige als der Anblick eines schönen Mannes. Und ich fand mich ziemlich schön.

Ich verwarf jedoch den Gedanken und marschierte in die meiner Meinung nach richigen Richtung.

Es war ziemlich anstengend das Holz zu hacken,während der Fremde mir die ganze Zeit über die Schulter schaute und alles sinnlos fand,was ich tat. Ich verdrehte ein paar Mal die Augen und machte mich an den vorletzten Baum zu schaffen,während der Typ mir viel Spaß bei der Arbeit (höchstwarscheinlich ironisch) wünschte und ziellos (mal wieder) durch den Wald irrte.Ich konnte ironisch fließend sprechen und da hatte ich wohl jemanden gefunden der das genauso konnte. Was er allerdings gar nicht konnte,war sich in diesem Wald zu orientieren. Klar wenn man neu war,war das auch nicht besonders einfach. "In die andere Richtung" ,flüsterte ich scheinheilig,so als ob ich Angst hätte,dass und jemand hören konnte.
Aber der Weg zum Marktplatz war von hier aus locker eine Viertelstunde entfernt. Selbst wenn er in die richtige Richtung laufen würde,würde er sicher irgendwann vom Weg abkommen. Ich legte die Axt bei Seite und schaute nach meiner Wasserflasche,als mir einfiel,dass ich sie vergessen hatte. Ich strich mir die Haarsträhnen aus dem Gesicht und lies mich unter einem Baum sinken. Na toll.

Noch während ich davonmarschierte hörte ich, dass das Schlagen der Axt ausblieb. Ich überlegte kurz, hielt dann jedoch inne und drehte mich um.
Tiara saß gegen einen Baum gelehnt und sah ziemlich fertig aus. Ihre Haare klebten in Strähnen an ihrem Gesicht. Ich musste grinsen.

Ich beschloss, sie noch etwas zu ärgern. Also schlurfte ich gemütlich wieder in ihre Richtung. "Na, schon fertig?"
Ich setzte meinen Rucksack ab und ließ in auf die Erde fallen, ehe ich mich davor auf den Boden setzte. Demonstrativ räkelte ich mich, streckte meine Glieder und nutzte meine Rucksack als lehne. Halb liegend musterte ich TIara.
Sie hatte nicht wie erwartet knallrote Bäckchen sondern sah eher blass aus. Ihr Atem ging flach.
Mir fiel auf, dass im Umkreis nur ihre Axt stand. Kein Proviant.

"Ähm ..." mir fiel kein dummer Spruch ein. Ich räusperte mich und griff nach meinem Rucksack. Ich setzte mich in den Schneidersitz und wühlte darin herum. Fragend hielt ich ihr die Wasserflasche entgegen und suchte gleich noch ein paar Beeren, die ich noch irgendwo haben musste ...

Ich hasste es,wenn mir beim Arbeiten die Haare ins Gesicht klatschten und ich
dann wieder mal feststellen musste,wie unnötig es war sie mir morgens zurechtgemacht
zu haben. Ich war etwas ausser Puste aber dennoch streichte ich mir die Haare hier und da zurecht. Ich wusste nicht oder besser gesagt war mir schon fast sicher,dass ich nicht die
Kraft haben würde,alleine heimzukehren.

Gedanklich überlegte ich wo die nächste Wasserquelle sein könnte,aber dazu musste ich aufstehen und dazu war ich definitiv noch zu erschöpft. Ich würde erstmals eine Weile hier bleiben bis mein Puls sich wieder normalisiert hatte. Auser meinen Eltern gab es sowieso niemanden,der sich dafür interessierte wo ich blieb.
"Na,schon fertig?" Ich hob meinen Kopf und erkannte wieder den Jungen mit der Orientierungslosigkeit "den Fremden". "Ja" ,antwortete ich knapp und musste dabei schwer atmen.
Mein Wasserverlust machte mir heute schwer zu schaffen.

Ich staunte nicht schlecht als er sich dann zu mir setzte und in seinem Rucksack kramte.
Meine Augen weiteten sich aber,als er mir dann seine Flasche Wasser reichte. Ich zögerte kurz,schlieslich wollte er mich vor vielleicht einer Stunde dem Kapitol ausliefern,aber nahm es dann ganz zurückhaltend an. "Wieso,wieso tust du das für mich?" Fragte ich ihn leicht ermüdet und schaute ihn mit schiefen Kopf an. Jungs verwirrten mich einfach nur.

"Weil du ein armes, kleines, hilfloses Mädchen bist", neckte ich Tiara. "Außerdem habe ich zur Zeit genug."
Okay, das stimmte zwar nicht, aber Nachschub wäre zumindest kein Problem. Sie sollte sich bloß nicht trauen mit meiner Wasserflasche weg zu rennen. Das war meine!

"Arbeitet ihr hier immer mutterseelenalleine?", wollte ich wissen. Immerhin könnte ein Baum ungünstig fallen oder die Axt abrutschen. Oder hatte sie Mist gebaut und wurde zum Bäume fällen gezwungen? Das war doch keine Arbeit für ein Mädchen.

Ich ließ Tiara ein paar Mal trinken, ehe ich die Beeren hinlegte. "Wenn du welche willst" bot ich großkotzig an. "Geht's wieder?"

Ich konnte nicht anders als ein ständiges, überlegenes Grinsen auf den Lippen zu haben. Die Kleine war echt frech - und schien sich gelegentlich zu überschätzen. Wieso hing sie sonst so da?

Doch ich hatte heute wichtiges zu tun. Ich konnte mich nicht ewig aufhalten. Ich musste Kontakte knüpfen. Ein korrupter Friedenswächter hatte sich schon für mich umgehört. Ich würde auf jeden Fall unterkommen. Doch ich wollte nicht irgendein Quartier. Ich wollte ein tolles Quartier!
Meine Gedanken trifteten ab ...


ot: Bin ca. ne Stunde weg ...

Nach dem Trinken fühlte ich mich schon wieder viel besser. Was Wasser so alles
bewirken kann. Trotzdem hatte ich noch keine Lust aufzustehen und schaute mich um,ob meine Axt auch noch da lag,wo ich sie hingelegt hatte. Wie zu erwarten war sie auch da vorzufinden. Ja,meine Axt würde mich niemals verlassen.
Währendessen kam mir auch zu Ohren,was der Grund seiner Hilfsbereitschaft war und wenn ich nicht gerade zu faul wäre,wäre ich auch sicher vor Protest aufgesprungen.
"Arm,klein und hilfslos?" Erwiederte ich sauer wie ein Kleinkind. Ich schaute dann aber zu mir runter. "Okay vielleicht sieht das JETZT..." Ich machte mir überaus große Mühe das Wort deutlich zu betonen "...so aus,aber mach dir kein falsches Bild von mir. Ich kann jederzeit töten wenn ich das will." Der letzen Teil des Satzes verdeutlichte zu was ich fähig war,ich sprach ihn ruhig und im Plauderton aus. So als wäre das ganz normal. Immerhin lebten wir in einer Welt in der Kinderkillen zur Unterhaltung diente. Als er mich fragte ob ich immer alleine hier arbeite,antwortete ich wieder mit einem "Ja". Ich streifte das Holz meiner Axt mit den Fingern. "Mein Vater ist bei einem Waldbrand invalide und mein Bruder ist bei den Hungerspielen getötet worden,indem er sich damals vor vier Jahren für mich gemeldet hatte. Das war ihre Arbeit die an mir hängen bleibt. Nur der Gedanke bei den Hungerspielen zu gewinnen und meinen Eltern ein unbeschwertes Leben im Dorf der Sieger zu ermöglichen macht mich stark. Tag für Tag." Ich nahm die Axt in der Hand. "Und sie wird mir helfen". Der Fremde schien in Gedanken zu sein ich dachte darüber nach ob ich es wissen wollte. Warscheinlich würde er es mir eh wieder verschweigen. "An was denkst du gerade?"

Ich war in Gedanken völlig weg, als Tiara anfing zu sprechen. Ihr Bruder war also tot. Ihr Vater verletzt. Zum Glück hatte ich solche Probleme nicht mehr. Ohne Familie ging es einem einfach besser!

Als Tiara, gerade fast dem Erstickungstod entkommen, mir erklärte sie könne töten, konnte ich mich nicht zurückhalten: ich prustete laut los.

"Ja, ist schon klar!"
Der nette Moment war vorbei. Auch wenn ich sie nicht unterschätzen durfte, immerhin konnte sie wirklich gut mit der Axt umgehen, aber "Du nimmst dich denke ich etwas wichtiger, als du bist!"

Mein Magen knurrte. Ich hatte seit zwei Wochen nur das zu mir genommen, was sich im Wald finden ließ. Mit Feuern war ich grundsätzlich vorsichtig, weshalb die Auswahl an Nahrungsmitteln ziemlich beschränkt gewesen war.

Ich stand auf. "Kommst du zurecht?", fragte ich vorsichtshalber noch einmal und blickte auf sie herunter. Sie sah noch nicht wirklich fit aus.
Doch ich durfte hier meine Zeit nicht vergeuden, ich benötigte dringend eine Bleibe.

Ich erzählte ihm über meinen großen Traum. Die Hungerspiele zu gewinnen. Ein Leben im Dorf der Sieger und nie wieder arbeiten zu müssen.
Auch das mit meiner Familie vertraute ich ihm an,aber er schien mich weiterhin nicht für
voll zu nehmen. Nein,er nahm mich überhaupt nicht ernst.Er meinte sogar,dass ich mich wohl wichtiger nahm als ich wirklich bin.
Aber ihn als Beweis in Stücke hacken konnte ich ja auch nicht. Obwohl doch konnte ich,aber heute war ich mal ein braves Mädchen.
Ich stand nun auf nahm meine Axt in die Hand und trat ganz nah an ihm heran Ich konnte nicht ganz auf Augenhöhe mit ihm sein aber das störte mich herzlichst wenig. "Ja, was ist mit dir?"

"Immer Süße", antwortete ich als ich lächelnd auf sie herabsah. Ich kam ihr sogar noch ein Stückchen entegen, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Sie gefiel mir.

"Also, wo musst du denn hin?", fragte ich. Vielleicht konnte ich mich an ihre Fersen heften. So käme ich schnell ins Dorf. Oder ich musste einfach, wenn sie außer Sichtweite war, meine Karte zu Rate ziehen.
Irgendwie wirte Tiara etwas geknickt. Gekränkt? Oder einfach noch erschöpft, ich wusste es nicht.

Erst jetzt fiel mir auf, dass Tiara zwar dünn war, ihr Körper jedoch an genau den richtigen Stellen Rundungen aufwies. Ich musste grinsen.
Zum Glück konnte sie keine Gedanken lesen. Ich zwang meinen Blick wieder in ihr Gesicht.

"Immer" ,wiederholte ich leise. Mit dem Wort verband ich irgendwie ziemlich viel,ich konnte mir aber nicht erklären woran es
lag.
Mir viel aber auf,dass er sich nicht abgewendet hatte oder ein Stück nach hinten gegangen war. Vielleicht
fand er mich doch nicht so schlecht wie ich es aus seinen Worten vielleicht interpretiert hätte.
Ich musste zugeben,dass ich ihn mochte,wenn auch auf einer Art die mir noch nicht ganz klar war. Aber ich war
sowieso nicht die Einfachste in solchen Dingen. Er fragte mich wo ich hingehe und ich schaute mich nach der Richtung
um in der ich nach Hause gehen würde. "Ich gehe nach Hause,vor ein paar Stunden gab es Essen zu Hause."

Ich hatte keine Uhr und nach meinem Zeitgefühl her war es spät. Ich wäre auch nie drauf gekommen im
Wald jemanden zu finden,den ich nicht blöd,langweililg oder was auch immer fand. "Wenn du willst,kannst du heute
bei mir essen. Auser du musst noch etwas erledigen oder so" ,bot ich ihm leicht lächelnd an. Ich wollte mich zu Gehen wenden "Das bin ich dir schuldig."

Selbstsicher grinste ich, als ich - als wären wir alte Freunde - meinen Arm um die Schulter legte und sagte: "Ich mag es, wenn mir jemand etwas schuldig ist!"
Natürlich war sie mir nichts schuldig. Das mit dem Wasser war wirklich keine große Sache. Dennoch war der Vorschlag einer anständigen Mahlzeit sehr reizvoll. Und ich hatte nichts gegen Tiara. "Wie ist deine Familie so?", fragte ich in möglichst beiläufigem Ton während wir, mein Arm noch immer um ihrer Schulter, gemütlich in Richtung Dorf schlenderten.
Immerhin bestand das Risiko, dass man mich verraten würde.

Tiara würde mich nicht verraten. Zumindest sagte mir das mein Bauch. Und der hatte immer Recht. Etwas lauter als sie ist okay rief er jedoch nach genießbarem Essen.
Ich nahm sogar Tiara die Axt ab, die sie nur mit viel Gegenwehr aus der Hand gab. Was sie nur mit dieser Axt hatte?

Ich hatte nicht damit gerechnet,dass er auf meine Einladung oder besser gesagt,meinen Vorschlag eingehen würde. Aber wäre er nicht gewesen,hätte ich mich irgendwie selbst versorgen müssen und das wär natürlich in meinem Zustand vorhin etwas kritisch gewesen.
Ich zuckte leicht zusammen,als er plötzlich seinen Arm um mich legte und mit mir den weiteren Weg aus dem Wald ging,aber ich lies es geschehen. Seine Aktion vorhin hatte mir gezeigt,dass ich ihm trauen konnte. Oder hatte er nur damit versucht meinen Vertrauen zu gewinnen,weil er mich für irgendwas brauchte? Ich hoffte inständig,dass es Ernsteres wäre und blendete alles andere so gut ich konnte aus.
Nach einer Weile zeigte er Interesse an meiner Familie und fragte wie sie so sei und nahm mir die Axt ab. Ich hatte Angst,meine Axt abzugeben,da ich mir ohne sie ziemlich wehrlos vorkam. Ohne sie könnte mich so ziemlich jeder und alles erledigen. Ich versuchte es mir einfach nicht anmerken zu lassen und statt nervös,gelassen rüberzukommen. "Mein Vater ist ein ehrlicher und sehr kluger Mann. Er hat mir damals beigebracht mit der Axt umzugehen. Meine Mutter ist sehr fürsorglich,kocht total gut und redet manchmal etwas mehr als sie eigentlich sollte." Versuchte ich mich über meine Eltern kurz zu fassen. Ich musste kaum merklich mit den Kopf schütteln. Es gab schon einige Situtationen in der mich meine Mutter in Verlegenhet gebracht hatte,aber so lang wir nur essen würden,würde schon nichts schief gehen.
"Da ist es!" ,ich zeigte mit meinem Finger auf das Haus. Die Fenster waren erhellt vom Licht,meine Eltern mussten also beide da sein.


(-->mit Prius zum Holzhaus der Johnsons)