Distrikt 5: Finley Weston

Ich erklär es dir später in Ruhe, fügte ich noch hinzu, als Fin Kimi nur ausweichend antwortete. Die Kleine sah mich etwas skeptisch an bevor sie näher zu mir rutschte und sich an mich lehnte.
Sanft streichelte ich ihr über den Rücken. Es würde ihr sicher auf der Farm gefallen. Auch mit den anderen Kindern.

"Du hast also vor mit ihm in seinen Distrikt zu ziehen?" Unverholener Vorwurf lag in der Stimme meines Vaters.
Ama legte ihm beschwichtigend die Hänad auf seine. "Elan", raunte sie leicht, bevor sie etwas lauter meinte: "Wir sollten essen, bevor die Suppe ganz kalt wird."

Ich stimmte ihr erleichtert zu. Doch mein Vater hatte da ganz andere Pläne und war nicht bereit das Thema so schnell ruhen lassen: "Und was ist mit Kimi? Hast du bei dem Plan auch einmal an deine Tochter gedacht?" Seine Stimme klang wirklich so, als hielte er mich für die schlechteste Mutter überhaupt.

Kimi rutsche von mir weg - was ich als schlechtes Zeichen deutete.

Ada wollte weiter Essen, doch Elan schien weniger begeistert. Doch auch wenn ich keine große Lust auf eine Auseinandersetzung mit Peshs Vater hatte stand ich auf seiner Seite. Angespanntes Schweigen beim Essen musste nun wirklich nicht sein.

Doch Elan richtete seine vorwurfsvollen Fragen ausschließlich an Pesh. Ich war mir nicht sicher ob es angebracht wäre, wenn ich etwas dazu sagen würde. Eigentlich schon, immerhin ging es um unsere Zukunft, andererseits war es eine Sache, die Pesh mit ihren Eltern klären müsste.

Ich sah Kimi kurz an. Ob ich sie fragen sollte, ob sie mit mir auf den Balkon wollte? Da hätte sie mir zeigen können wie toll sie schon springen kann - doch sie hatte sich so an ihre Mutter gekuschelt und außerdem wäre es Pesh gegenüber unhöflich gewesen. Weniger weil sie mit ihren Eltern allein gewesen wäre als vielmehr, weil das Essen liegen bleiben würde.

Einfach Essen. Also löffelte ich meine Suppe und verharrte der Dinge, die da kamen.

Ja, habe ich und zwar verdammt lange, entgegnete ich meinem Vater ohne jedoch das Ergebnis dieser Überlegungen preis zu geben. Das hätte nur zu noch mehr unguter Stimmung gesorgt.
Und Mum hat recht, wir sollten essen, fügte ich noch hinzu, bevor er etwas entgegnen konnte. Fin aß sowieso schon und auch meine Mutter rührte mit ihrem Löffel in der Suppe herum.

"Du eröffnest uns gerade, dass du uns vermutlich für immer verlassen willst um in seinem Distrikt - nichts für Ungut - zu leben. Und dein einziges Kommentar ist dann, dass wir jetzt essen sollen?" Elan versuchte zwar ruhig zu bleiben, dennoch wurde er während des Vorwurfs immer lauter.
Wir reden nachher in ruhe darüber, okay? Ich lächelte ihm schwach zu. Wir hätten nicht vor dem Essen damit anfangen sollen. Oder am besten überhaupt nicht.
Demonstrativ wandte ich mich von ihm ab und meinem Teller zu. Oh je, das konnte noch heiter werden.

Bei Elans letzten Worten legte ich den Löffel weg. Der Hunger war mir inzwischen sowieso vergangen. Ich setzte mich aufrecht hin und holte tief Luft.

"Sorry, Pesh", entschuldigte ich mich schon im Voraus dafür, dass ich das Essen unterbrach. Allerdings würde ihr Vater sowieso keine Ruhe geben.

"Elan, nehmen Sie es mir nicht übel, aber wo genau liegt ihr Problem?" Mein Tonfall war neutral, nicht laut oder vorwurfsvoll.
"Ich kann nachvollziehen dass es Ihnen Unbehagen bereitet Ihre Tochter so weit entfernt zu wissen. Aber Peshewa ist alt genug um selbst entscheiden zu können wo, wie und mit wem sie leben möchte. Sie ist hier aufgewachsen, doch die letzten Jahre waren für sie nicht einfach - was nicht heißt, dass Sie oder ihre Frau einfach Zeiten hatten. Doch wenn Peshewa es für richtig hält mit mir zu kommen, dann finde ich sollten Sie das unterstützen."
Noch immer war ich ruhig, aber in meiner Stimme schwang etwas mit das ich selbst nicht kannte.

"Dass Sie sich für Peshewa etwas besseres wünschen als ein einfaches Leben in einem Distrikt kann ich nachvollziehen - und da pflichte ich Ihnen sogar bei. Genau deshalb lebt sie auch auf meiner Farm. Ich habe mich bemüht Ihnen näher zu bringen, wie wir dort leben. Sehen Sie es als Peshewas Chance auf ein neues Leben.", bat ich.
"Sie können es sich nicht einmal vorstellen was für ein Gefühl es ist am Morgen aufzuwachen, in die Ferne zu blicken und zu wissen: Das ist mein Zuhause." Ich räusperte mich kurz. Noch nie hatte ich mich, abgesehen von einem Mal bei Pesh, negativ oder Neutral dem Kapitol gegenüber geäußert. Das würde sich an dieser Stelle ändern. "Niemand ist da, der einen kontrolliert. Keiner schreibt einem vor, was man zu tun oder zu lassen hat. Keine Kontrollen, keine Unterdrückung, kein Hunger. Sie können in ganz Panem suchen, Elan, aber Sie werden keinen Ort finden der Freiheit besser wiederspiegelt als meine Farm." Das klang überheblich, aber das war mir egal: es stimmte.

"Peshewa und Kimi würden mindestens einmal jährlich mit mir hierher reisen." Bei den Spielen. "Mehrmals jährlich erhalte ich Einladungen aus dem Kapitol. Wenn ich diese zur Abwechslung mal annehme können die zwei wieder mit hierher kommen und sie können Sie besuchen. - Außerdem sind Sie beide jederzeit herzlich willkommen. Ich weiß, dass es Bürgern aus dem Kapitol gestattet ist Reisen in die Distrikte anzutreten. Zwar macht davon selten einer Gebrauch, aber es wird Ihnen bei uns gefallen." An dieser Stelle switchte ich zum 'uns'. 'Unsere' Farm, 'unser' zuhause, 'unsere' Kinder. Vorausgesetzt Kimi würde damit glücklich werden. In meinem Magen zog es.

"Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen um Kinder großzuziehen." Das stimmte. Wenn da die Spiele nicht wären. Abgesehen von der Ernte, dem Hunger und der Unterdrückung außerhalb der Farm gefiel mir mein Zuhause wirklich sehr. "Kimi wird es gut gehen. Es gibt so viele gleichaltrige Kinder die tagein tagaus vorbei kommen, sie kann so viel lernen!"

"Elan. Ich bitte Sie: geben Sie uns nach dem Essen die Chance Ihnen alles zu erklären. Wenn Sie mit Ihrer Tochter alleine sprechen wollen gehe ich spazieren. Wenn Kimi mit möchte kann sie mir ja zeigen wie weit sie schon hüpfen kann", wagte ich einen Annäherungsversuch in ihre Richtung. "Aber Pesh hat sich wirklich Mühe mit dem Essen gegeben und es wäre sehr schade, wenn es verkäme."

Ich hatte mich schon viel zu sehr an die Offenlegung meiner selbst gewöhnt. Irgendwann waren die Worte aus mir herausgesprudelt ohne das ich groß darüber nachdachte.
Es wäre wohl einfacher gewesen ich hätte Elans Frage was sie beachten müssten auf nach das Essen vertagt und um sein Verständnis gebeten. Jetzt war es zu spät.

Fin schien jedoch genau so wenig wie mein Vater das Gespräch verschieben zu wollen.
Innerlich seufzte ich, das konnte ja heiter werden.

"Mr. Weston bei allem Respekt, aber wir haben unsere Tochter schon bei so mancher Schnapsidee unterstützt, mit dem Ergebnis -" Er nickte in meine Richtung.
Wütend funkelte ich ihn an. Was willst du damit sagen, Dad?
Aber er achtete nicht auf meine Einwände, sondern fuhr fort: "Ihre großen Entscheidungen in den letzten fünf Jahren haben Kimi die Mutter und den Vater gekostet. Die Auswirkungen davon, kennen Sie ja. Und dann brennt sie mit Ihnen durch von ihrem Arbeitsplatz, was erneut zu einer Verhaftung führt. Also verzeihen Sie, wenn ich nicht unbedingt Luftsprünge mache, dass Pesh einen neuen genialen Plan verfolgt."

Verdammt Dad, die Sache ist vier Jahre aus mit dem Protest. Und es war kein Fehler dagegen zu protestieren. Ich hätte gern noch eine ganze Triade abgehalten, warum unsere Proteste gerechtfertigt gewesen waren und sich auch der Einsatz dafür nicht zu hoch war - natürlich hätte ich an Kimi denken müssen, aber generell - aber Fin redete schon unbeirrt weiter. Vermutlich sah er nicht einmal, dass ich auch etwas dazu gesagt hatte, da er Elan ansah.

"Elan, es reicht. Peshewa ist alt genug dafür und vielleicht hat Finley recht und es würde ihr gut tun weit weg von hier ein neues Leben anzufangen", meinte Ama und versuchte ihre eigene Wut auf ihren Ehegatten zu verbergen.
"Du gehst weg?" Kimi sah mich aus großen Augen an, in denen Tränen schimmerten.
Schnell schüttelte ich den Kopf. Nicht ohne dich, meinte ich und drückte die Kleine noch einmal an mich, während Fin weiter versuchte die Situation meinem Vater zu erklären.

Elan machte zwar noch ein mürrisches Gesicht. Widersprach aber nicht mehr.
Erst als die Sprache auf Kimi fiel.
"Ihr wollt unsere Enkeltochter auch mit nehmen?", fragte er entgeistert, bevor er energisch den Kopf schüttelte.

"Sie ist Peshs Tochter, wir können sie ja schlecht hier lassen.", entgegnete ich etwas überrumpelt. Doch ich zwang mich freundlich zu bleiben.
"Ich kann verstehen dass das für Sie eine große Umstellung bedeutet. Allerdings sind Sie wirklich jederzeit bei uns herzlich willkommen!" Ich rang mir ein Lächeln ab.

"Elan, ich möchte Ihnen weder Ihre Tochter noch Ihre Enkeltochter vorenthalten. Und auch ich finde Pesh manchmal etwas zu ... " Ich warf Pesh einen Seitenblick zu und lächelte sie liebevoll an. " ... impulsiv. Aber unabhängig davon dass der Umzug auch in meinem Interesse ist denke ich nicht, dass es eine 'Schnapsidee' ist." Bewusst bediente ich mich seiner Wortwahl.
"Und wenn Pesh oder Kimi sich unwohl fühlen können sie selbstverständlich jederzeit hierher zurückkehren.", stellte ich klar. "Mit meiner Unterstützung. Ich werde ihr da keine Steine in den Weg legen." Etwas leise fügte ich hinzu "Auch wenn ich hoffe, dass es niemals soweit kommen wird."

Elans Meinung schien fest zu stehen, auch wenn er schweigsamer geworden ist. Doch ob er über die Argumente nachdachte oder ob er kurz vorm Platzen war wusste ich nicht.

"Wollen wir jetzt vielleicht doch etwas essen?", fragte ich dann etwas vorsichtiger.
"Wir können uns gerne später weiter unterhalten", bot ich mit einem Blick auf Kimi an. Ich fand es nach wie vor nicht gut, dass sie die Auseinandersetzung mit anhörte.

"Ja, sie ist Peshewas Tochter, aber dennoch liegt das Sorgerecht für Kimi bei uns", erwiderte Elan. Leider stimmte das, aber ich hatte nicht gedacht, dass er wirklich in die Richtung etwas entgegnen könnte.

"Verdammt, Pesh, bist du von allen guten Geistern verlassen? Du willst deine eigene Tochter mit in einen Distrikt nehmen?", schrie mein Vater schon fast über den Tisch.

"Ich bleibe bei Mama", ergriff Kimi mit zitternder Stimme Partei, bevor sie noch hinzu fügte: "und Fin." Sie klammerte sich an meinem Arm fest und presste ihr Gesicht gegen meine Brust. Sanft strich ich ihr über den Rücken. Wir sollten nicht vor ihr streiten.
Dad, können wir das bitte nicht diskutieren, wenn Kimi da ist, bat ich und stimmte Fins Vorschlag damit zu.

"Oh doch. Peshewa, du willst doch auch, dass es Kimi gut geht und da hat das Kapitol einfach viel mehr Möglichkeiten und Sicherheit für ein Kind."
Klar Sicherheit, dass ich nicht lachte, Überwachung traf es eher. Aber ich verkniff mir die Bemerkung. Dad, ich weiß. Aber Kimi wird sicher sein und egal was Ama oder du dazu sagen, ich werde sie mit mir nehmen. So und jetzt lasst uns endlich essen. Bevor nicht die Teller leer sind, antworten wir auf keine Fragen mehr, entschied ich.

Pesh versuchte es mit einem Machtwort - doch vergebens. Elan setzte wieder an.

"Okay, das reicht", entschied ich in ruhigem Ton, legte meinen Löffel langsam zur Seite und erhob mich. Ich lief um den Stuhl und ging - wie immer - auf Kimis Höhe in die Hocke. "Soll' dich dir mal was zeigen?", fragte ich sie und tat geheimnisvoll. Die Kleine flüsterte zurück "Was denn?"
"Da hinten hinter der Tür", ich deutete in die Richtung des neuen Wohnungsteils "da ist was ganz tolles versteckt. Es ist zwar nur zum Anschauen aber es macht trotzdem rießig Spaß. Wollen wir uns das mal anschauen?" Kimi rief "Au ja!", ehe sie ihrer Mutter einen Seitenblick zuwarf. Als Pesh nickte sprang Kimi von ihrem Stuhl und hüpfte an meiner Hand in Richtung der Tür, auf die ich gedeutet hatte. "Was ist denn da drin, Fin?", fragte sie. "Warte ab", bat ich mit einem Lächeln und schob die Tür auf. Kimi lugte um die Ecke. "Fische!", rief sie begeistert und rannte ins neue Wohnzimmer in dem ein rießiges Salzwasseraquarium stand.
"Kimi, wärst du einverstanden wenn ich, solange du die Fische ein bisschen beobachtest, nochmal rüber zu deinen Großeltern und deiner Mutter gehe?" Ich musste Kimi zweimal ansprechen, so vertieft war sie bereits in die vielen Farben. "Ja ok", sagte sie abwesend.
"Wenn es dir langweilig wird, kommst du einfach wieder rüber. Okay?" Kimi nickte. "Und wenn es dir nicht langweilig wird dann komme ich dann vorbei und wir schauen gemeinsam den Fischen zu." "Ja.", sagte sie nur knapp.
Ich streichelte über ihren Kopf und musste lächelnd. Ich hatte schon verstanden: Ich sollte gehen.

Seufzend schob ich die Tür wieder zu - bis auf einen Spalt breit sodass Kimi gut hindurch passte.
"Darf ich Sie bitten Ihre Lautstärke zu zügeln?", fragte ich Peshs Vater bestimmt. Es war nicht unfreundlich, aber doch autoritär. Es war zwar nicht mit Freudensprüngen zu rechnen gewesen, aber solch ein Familienchaos war ich nicht gewohnt. Ich selbst hatte keine Familie. Und nach den Streiterien mit Pesh hatte ich eigentlich die Nase voll.
Das war meine Wohnung. Ich hatte nicht vor sie rauszuschmeißen aber sie sollten sich doch daran erinnern, dass sie Gäste waren. Ich hätte mich gefreut, wenn sie sich auch so verhalten hätten. Wobei - Ada war ruhig. Für meinen Geschmack schon fast wieder zu ruhig.

Kurz hatte ich erwogen bei Kimi zu bleiben, doch es sollte nicht so aussehen als ob ich mich aus dem Staub machen würde. Allerdings könnte es jetzt dein Eindruck erwecken als würde ich mich in Dinge einmischen die mich nichts angingen.

Ich zwang mich, den Rest Suppe, der noch in meinem Teller war, auszulöffeln.
"Wenn Sie ihrer Enkelin in zehn Jahren erklären möchten, warum sie ohne ihre Mutter aufwachsen musste obwohl sie mit ihr hätte gehen können dann ist das Ihre Sache.", wagte ich mich zu sagen und hoffte, dass Pesh dabei blieb, dass sie mitkam.
Wenn Elan und Ada wirklich das Sorgerecht für Kimi hatten konnte Pesh beharrlich sein wie sie wollte - im Ernstfall würde sie den Kürzeren ziehen. Deshalb versuchte ich mit meiner Aussage Elans Gewissen zu erreichen.

Er musste ich für einen hochnäsigen, arroganten und neunmalklugen Scheißkerl halten.


ot: Falls Pesh nein sagt ändere ich es nochmal!

ot: oh nein, Pesh würde nie zulassen, dass fin kimi einfach so aus dem zimmer bringt und dann mit den bösen fischen allein lässt

Ich nickte als Fin Kimi in ein anderes Zimmer bringen wollte. Schnell drückte ich meine Tochter noch einmal, bevor sie auch schon aufsprang. Dankend lächelte ich Fin an, dass er die Initative ergriff und Kimi mal etwas von unserer lautstarken Unterhaltung weg brachte. Es war mir schon peinlich, dass mein Vater so einen Aufstand machte, andererseits konnte ich ihn auch verstehen.
Auch Ada schien das so zu sehen, denn während der Gastgeber aus dem Zimmer war, schimpfte sie leise ihren Ehemann ganz schön zusammen: "Was denkst du dir eigentlich dabei, dich hier so auf zu führen?" "Du solltest mehr Vertrauen in unsere Tochter haben." und so weiter.
Und jedes mal wenn Elan auch nur ansetzen wollte zu einer Erwiderung, schnitt sie ihm sofort das Wort ab.
Ich wandte mich dem Rest meiner Suppe zu, damit sie nicht mein Grinsen sehen konnten. Das war einfach thypisch für unsere Familie und daran hatte sich scheinbar auch in den letzten Jahren nichts geändert.

Schließlich kam Fin zurück. Ada hielt in ihren Beschwichtigungen inne und genehmigte sich noch einen Schöpfer Suppe. "Die ist wirklich gut geworden, Pesh", meinte sie freundlich.
Auch Fin setzte sich wieder und aß nun seine Suppe auf.
Ich warf meinem Vater einen Seitenblick zu. Etwas mürrisch rührte er in seinem Teller um und aß dann ebenfalls schweigend. Zumindest bis Fin wieder zum Reden ansetzte.
"Besser wir müssen Kimi in zehn Jahren erklären, warum sie ohne Mutter aufgewachsen ist, als wenn Pesh ihr in zehn Jahren erklären kann, warum sie sie dem Risiko als Tribut gezogen zu werden ausgesetzt hat."
Fast hätte ich gelacht, obwohl die Sache todernst war. Aber es war so absurd und das erste mal musste ich der Behauptung meiner Mutter recht geben, dass ich viel von meinem Vater geerbt hatte. Wir hatten den selben Dickschädel und die selbe Angst.

Dad, glaubst du wirklich, ich würde meine Kinder - Unbewusst sprach ich bereits im Plural, was meine Eltern aber zum Glück nicht zu bemerken schienen. - in Gefahr laufen lassen, dass sie bei der Ernte gezogen würden? Aber bis dahin sind noch Jahre zeit. Fin und ich haben uns darüber schon genügend Gedanken gemacht und wenn all unsere Ideen scheitern sollten, würde ich mit Kimi am Tag ihres zwölften Geburtstags wieder ins Kapitol ziehen und erst wenn sie achzehn und damit zu alt für die Ernte wäre zurück kehren. Du brauchst dir in dem Bezug wirklich keine Sorgen machen.

Obwohl Pesh Recht hatte versetzte mir ihre Aussage, sie würde notfalls für sechs Jahre wegziehen, einen heftigen Stich. So sehr, dass ich mich sogar leicht krümmte weil mein Magen so schmerzte. Allerdings schien es niemand bemerkt zu haben.
Es war vernünftig. Und es war richtig. Und dennoch sollte sie zu Hause bleiben - bei mir sein.
Ich sammelte mich. Schließlich könnten die Kinder auch während der Ernten einfach Ferien bei ihren Großeltern machen. So einfach war das. Punkt. Pesh hätte sicher nichts dagegen und würde eine Auszeit von ein paar Tagen vielleicht sogar genießen.

"Mit Verlaub, Elan, aber wenn dann müsste Pesh ihren Kindern erklären wieso sie in einem Distrikt und nicht im Kapitol aufwachsen obwohl ihre Mutter die Wahl hatte." Ich hatte Peshs Plural unbwusst übernommen. "Außerdem ist Kimi im Kapitol geboren. Sie reist mit mir und kann sich folglich den Papierkram sparen. Somit ist sie nirgends registriert und wenn wir es nicht darauf anlegen bestehen gute Chancen das es auch so bleibt." Und wenn nicht müssten wir eben nachhelfen. Vor allen Dingen bei unserem Kleinen könnte es haarig werden - doch uns würde eine Lösung einfallen.

Ich saß tatsächlich hier mit 'meiner' geschwängerten Avox, ihrer Tochter und deren Eltern und stritt darüber, dass sie bei mir - in einem Distrikt - sicher wären. Dabei müsste ich in ein paar Tagen mit mtindestens drei toten Kindern dorthin zurückkehren.
Zwar glaubte ich wirklich, dass es uns gelänge die Kinder zu schützen, gerade mit dem Status den ich derzeit inne hatte - doch was wäre wenn dieser sich verschlechtern würde? Was, wenn die Kinder registriert würden? Dann würde auch ein Aufenthalt im Kapitol nichts ändern. Pesh müsste weg ziehen. Ganz weg. Und bis beide Kinder durch die kritische Phase wären würde ich Pesh fast zehn Jahre nicht sehen. Und meine Kinder auch nicht.
Mir wurde schlecht. Und ich spürte, dass in mir die altbekannte Panik aufstieg.

Ungern wollte ich mir vor Peshs Eltern die Blöße geben. "Entschuldigt mich", bat ich höflich und stand - ohne auf eine Antwort zu warten - auf und ging zügigen Schrittes ins Bad.
Keine Sekunde zu früh; ich übergab mich in die Toilette...

"Ihr seht das zu einfach", murmelte Elan in seinen nicht vorhandenen Bart.

Plötzlich sprang Fin auf und eilte aus dem Zimmer. Ich widerstand nur schwer der Versuchung ihm nach zu laufen und zu sehen, was mit ihm los war. Er hatte etwas bleich gewirkt. Aber ich wollte jetzt nicht nach lassen bei dem Gespräch, sonst würde mein Vater noch denken, er hätte mit seinen Argumenten gewonnen.

Dad. Ich griff über den Tisch nach seiner Hand und drückte sie kurz. Als er aufblickte, sah ich ihm mit einem aufbauenden Lächeln an. Klar er hatte Angst, aber er musste mir eben in diesem Punkt vertrauen. Ich bin keine zwanzig mehr und ich würde meine Kinder nie in Gefahr bringen, das weißt du. Aber hier habe ich keine Zukunft und das weißt du genau so gut wie ich. Offiziel würde ich zwar für Fin arbeiten, aber mehr auch nicht. Ich habe Fin irrsinnig gern - Ich hätte liebe gesagt, wüsste ich das Symbol dafür. und Kimi mag ihn auch, das habt ihr gesehen. Und bei ihm auf der Farm könnten wir ein normales Leben führen. Kimi hätte Mutter und Vater und würde nicht später ausgeschlossen werden, weil ihre Mutter eine Avox ist.
Ich hielt inne und sah meine Eltern noch einmal ernst an. Ich fahre auf jeden Fall und werde auch Kimi mit nehmen, weil ich es für das Beste für sie halte. Aber ich würde gerne euren Segen dafür haben.

Ich sackte neben der Toilette zusammen. Ob es die Nachwirkungen der letzten Tage waren das ich so überreagierte oder die Tatsache, dass ich befürchtete das Peshs Vater Recht hatte wusste ich nicht. Meine Hände zu Fäusten geballt wippte ich leicht hin und her und redete mir flüsternd gut zu um mich wieder zu fangen. Nicht jetzt. Nicht vor Pesh!
So kannte sie mich nicht - und so sollte sie mich auch nie kennenlernen. Dass sie mich in der vorherigen Nacht beim Träumen beobachtet hatte wusste ich nicht - auch wenn es naheliegend war da sie mich berührt hatte ...

Wie lange ich dasaß wusste ich nicht, doch meine Hände beruhigten sich. Als ich aufstand um mich frisch zu machen war das Zittern kaum mehr wahrnehmbar. Von draußen hörte ich noch immer erregte Stimmen. Deshalb beschloss ich noch ein paar Momente im Bad auszuhaaren. Flüsternd erzählte ich Kimi, die zwei Zimmer weiter war, von ihrem kleinen Brüderchen ...

Eine Weile schwiegen wir uns nur an. Ich hatte gesagt, was ich zu sagen hatte und meine Eltern schienen zu überlegen, wie sie darauf reagieren sollten.
"Bist du dir sicher?", erkundigte sich meine Mutter schließlich besorgt.
Entschlossen nickte ich. Vertraut mir.
"Und Kimi?"
Ihr wird nichts geschehen, das würden wir nie zulassen.
Ada nickte mit einem etwas gequälten Gesichtsausdruck. "Wir werden euch beide vermissen."
Also hatte ich sie überzeugt. Sie war einverstanden oder versuchte mich zumindest nicht mehr davon abzuhalten.
Wir kommen euch so oft besuchen, wie es geht. Oder ihr kommt vorbei, meinte ich, wobei es vermutlich um vieles leichter klang, als es wirklich war. Dad? Ich sah Elan an, der erstaunlich schweigsam die letzten Minuten war. Auch jetzt ließ er sich etwas Zeit, bevor er antwortete.

"Ich halte es immer noch für eine schlechte Idee, aber ich habe dich ja noch nie von etwas abhalten können", meinte er mit einem leicht verbitterten Lächeln. Aber das war seine Art mir zuzustimmen.
Danke. Ich stand auf und umarmte meine Eltern. So und jetzt gibt's erst einmal das Hauptgericht.

Ich stand auf und ging erst einmal los um Fin und auch Kimi zu holen.

Es war schon lange ruhig geworden als ich immernoch von dem kleinen Brüderchen erzählte, das Kimi bekommen würde. Doch durch Geklapper kam ich zu mir und horchte auf. Scheiße.

Ich raffte mich auf und lief zur Tür. Peshs Eltern saßen stumm am Tisch während Pesh in der Küche werkelte. Gerne hätte ich sie kurz in den Arm genommen und ihr einen sanften Kuss auf die Stirn gehaucht. Anstatt dessen sagte ich "Ich seh' mal nach Kimi" und ging nebenan.

Die Kleine saß noch immer wie versteinert vor dem Aquarium und beobachtete die Fische. Ich setzte mich knapp hinter sie und sagte nichts. "Da ist ein Babyfisch", stellte sie fest. Ich rutschte etwas näher, sodass unsere Augen gleichauf und mein Kopf neben ihrem war. "Wo?", fragte ich leise - obwohl ich ihn schon entdeckt hatte. "Da", flüsterte sie und tippte mit dem Finger ans Glas. "Achja ...", sagte ich, hielt kurz inne und meinte dann "Die Fische erschrecken sich wenn du an die Scheibe tippst. Sie drehte sich zu mir um. "Ehrlich?", fragte sie erstaunt. "Ja, ehrlich." Sie dachte kurz darüber nach. "Ich hab' auch Angst wenn der Regen gegen unsere Fenster klopft."
Schon wieder musste ich über Kimis unschlagbare Logik lächeln. Ich widerstand dem Drang ihr über den Kopf zu streicheln - bei den Kindern im Waisenhaus war das selbstverständlich, und auch bei Kimi ist mir das schon oft passiert. Doch ich wollte nichts tun das Kimi unangenehm sein würde. Rein technisch war ich ja fast ein Fremder.

"Es gibt Essen", sagte ich schließlich. "Hast du Hunger?"
"Ja.", sagte sie und hüpfte schon vom Bett. Sie rannte mir voraus und nahm wieder am Tisch Platz. Ich schlenderte ihr hinterher ...

Sag ihr, dass es essen gibt, meinte ich zu Fin, als er ins Nebenzimmer ging. Ich fragte mich, was er zuvor im Badezimmer gemacht hatte.

Ich stellte das Tablett mit den Schnitzel in die Mitte des Tisches und sah kurz zur Tür. Doch Fin schien noch mit Kimi beschäftigt zu sein.
Dad, du entschuldigst dich nachher dafür, dass du so laut geworden bist, meinte ich zu meinem Vater.
Widerwillig nickte er.

(ot: irgendne ahnung, was wir jetzt dann oassieren lassen sollen?)

(ot: Peshs Vater könnte Fin blöd finden ... Egal ob er sie aus dem Gefängnis geholt hat oder nicht - immerhin 'klaut' er ihm seine Mädchen ... - Bessere Idee?)

(ot: hm theoretisch möglich oder das es jetzt fin ist, der sich sorgen macht, dass den kindern etws passieren könnte?... ich überleg noch, vll fällt mir was besseres noch ein ...)

(ot: Gründe ihn nicht zu mögen gibt es viele: ehem. Tribut/vermeintl. Mörder, viell. ist er ihm zu arrogant oder Peshs Vater denkt er rennt durch die Gegend und schmeißt mit seinem Geld um die Gegend schmeißt und denkt er kann alles haben oder so ... - oder die Bombe zwecks Hochzeit und/oder Baby platzt ... oder Pesh bekommt Bauchweh - so könnte es auffallen ... egal - überleg dir was ich hab nämlcih keine gute Idee ... )

Kimi saß schon an ihrem Platz als ich zurück kam. Das Essen stand schon auf dem Tisch und alle sahen mich erwartungsvoll an. "Oh, entschuldigt. Ihr hättet nicht warten müssen.", sagte ich während ich um den Tisch an meinen Platz lief. Ich fragte noch einmal nach Getränken und schenkte nach ehe ich mich schweigend niederließ.

Meine Stimmung war auf dem Tiefpunkt und ich gab mir alle Mühe es mir nicht anmerken zu lassen. Außerdem war mir noch immer übel. Trotzdem zwang ich mich, etwas zu essen. Immerhin hatte Pesh sich Mühe gegeben. "Schmeckt gut", murmelte ich.

(ot: oh guter plan ... ich glaub das mit der bombe platzen lassen ^^ ... mir wär was für ein mini rpg eingefallen)

(ot: Raus mit der Sprache *neugierig* - also wg Mini-RPG)

(ot: wir könnten etwas mit kimi und ihrem bruder schreiben, dass sie evt doch zu den hungerspielen müssen oder etwas in der art)

(ot: aaaah - wie garstig!! Aber ist bestimmt interessant!)

(ot: ... sollen wir?)

(ot: na klar! ...)

(ot: nach dem es im mini rpg passiert ist, stimm ich elan zu: das is ne schnapsidee ^^)

Danke, meinte ich und griff nach Fins Hand um sie kurz aufbauend zu drücken. Er sah leicht blass aus und wirkte müde, auch wenn er sichtlich versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Doch in den letzten sieben Wochen hatte ich ihn besser kennen gelernt, so dass ich es doch erkannte. Aber es war auch kein Wunder, zuerst die lange durchwachte Zeit, während meiner Gefangenschaft, dann die Streits gestern, daneben seine Sorge um seine Tribute und heute mit mir und jetzt auch noch meine Eltern, das war wirklich fast zu viel zugemutet.

Dad. Auffordernd sah ich Elan an, der zuerst so tat, als würde er nichts merken, bevor er doch klein bei gab.
"Finley, ich wollte mich noch einmal entschuldigen, für mein Verhalten eben. Ich mach mir eben Sorgen um meine Tochter und meine Enkelin. Aber wenn Pesh und du sicher sind, dass den beiden nichts passieren kann -" Er stoppte und suchte kurz nach einem Abschluss für seine doch gar nicht so schlecht klingende Entschuldigung: "- dann wird es vermutlich auch so sein."
Zufrieden nickte ich, doch Ada stieß ihn noch kurz in einer unauffälligen Bewegung den Ellbogen in die Seite. Elan verdrehte zwar kurz die Augen, fügte dann aber hinzu: "Und vor allem wollten wir uns noch einmal herzlich für die Einladung bedanken."