Kleiner See (Sommerebene)

Fast schon automatisch passte ich mich der Melodie im Hintergrund an und drehte mich zweimal mehr als beabsichtigt. Letzendlich wollte ich es dann doch nicht wahrhaben, dass das hier ein Todestanz war und kein normaler.
Nach diesen drei Drehungen und nachdem ich erneut ein paar Schnitte spürte hielt ich einfach Inne und ließ meine Arme sinken, die ich hoch gehoben hatte und auch die eine, die in Brix' Hand lag zog ich zurück.
Ein etwas seltsamer Ausdruck schimmerte in meinen Augen und das Lächeln verschwand augenblicklich. Zurück blieb nur das Gesicht eines Mädchens aus Distrikt 2, vielleicht noch mit drei silbrigen Narben und einem hellgrau-braunen Auge, aber nicht mehr und nicht weniger.
"Dann wärst du kein Anführer in einer Arena, sonder ein normaler Junge", sagte ich leise und stand Sekunden später wieder dicht vor dem Karriero.
Meine Augen ruhten auf seinem Gesicht, mit meinen Händen aber entwaffnete ich ihn, bis ihm die Füße wegzog und ihn auf den Boden schmiss.
Keine Sekunden später lag mein Schwert ebenfalls auf dem Boden, nicht aber mein Dolch. Ich drückte seine Arme auf den Boden und kniete praktisch auf seinem Oberkörper.
Wieder kämpften sich ein paar Tränen hoch und ließen meine Augen schon wieder schimmern.
"Ich wollte dich nie wirklich töten... Ich bin gegangen, weil ich nicht ertragen konnte wie Angi mit dir umgegangen ist und weil ich keine nähere Verbindung erlauben durfte. Es tut mir leid", die Worte kamen leise aus meinem Mund, waren aber deutlich zu hören. So dicht über dem Gesicht von Brix kamen die Worte beinahe wie von selbst und ich war mir mehr als sicher, dass sie nicht gelogen waren. "Sagst du mir, wie es ist? Wie fühlt es sich an?", fragte ich schließlich und näherte mich dem Karriero noch ein wenig.

11

Ich versuchte mich zu wehren, als sie mich entwaffnete und umschmiss, aber es ging nicht mehr. Meine letzten Energien hatte ich für den Tanz verbraucht. Das Gras in dem ich landete, war Blutgetränkt. Das war mehr als ein Liter. Vermutlich von meinem Bein. Ich stellte es ziemlich emotionslos fest. Es kümmerte mich nicht mehr. Wozu auch?
Der Ausdruck in Annys Gesicht störte mich. Sie sah wehleidig aus, nicht mehr so in Flammen und in Bewegung wie während des Tanzes. Ich macht noch einen schwachen Versuch,um sie von mir hinunter zu stoßen, um wieder aufzukommen und weiter zu tanzen, aber es ging nicht mehr. bei ihren Worten kehrte ein schwaches Grinsen in mein Gesicht zurück. "Ich bin nicht normal und wenigsten in einmal sollte ich den Anführer geben."
Ich blickte wieder zu ihr auf und in ihren Augen standen Tränen bei den nächsten Worten. Das Lächeln auf meinem Gesicht kam von selbst, als ich meine AHnd hob und ihr über die vernarbte Wange fuhr um die spur der Träne zu verwischen. "Du weinst doch jetzt nicht ernsthaft wegen mir, Kleine."
Wie fühlt es sich an? In meinem Kopf stieg die Erinnerung hoch, wie ich ihr am Lagerfeuer mit dem Messer gedroht hatte und eine ganz ähnliche Frage gestellt hatte. Aber zumindest ich sah noch nicht mein Leben vor meinen Augen ablaufen. Ich sah nur sie, wie sie auf mir kniete, nun hatte sie das Messer in der Hand, aber sie schwankte noch. Ihre Lippen noch immer von der frage leicht geöffnet. Hätte ich noch gekonnt, hätte ich mich wohl vorgebeugt um ... Ich schüttelte den Kopf. Scheiß Tod, scheiß Spiele.
"Du würdest mir keinen Gefallen tun, wenn du mcih leben lieset", stellte ich klar fest. Ich hätte es bei ihr nicht getan und genauso wenig wollte ich einen geschenkten Sieg. Auch wenn ich sie wohl schon öfter vor dem Tod gerettet hatte.

"Du weinst doch jetzt nicht ernsthaft wegen mir, Kleine." Die Worte hallten wie ein Echo durch meinen Kopf und dachten nicht daran zu verschwinden.
Die Berührung an meiner Wange wirkte im ersten Moment heiß, wurde dann aber doch sogar etwas angenehm, was mich aber wieder stocken ließ. Er musste mir ja auch hinterherhetzten.
Er schien etwas nachdenklich, so als ob er mir meine Frage wirklich beantworten wollte, aber dem war dann doch nicht so.
"Ich weiß", sagte ich leise und nickte nur.
Blitzschnell fuhr meine eine Hand hoch und umfasste Brix Handgelenk, ehe ich diese etwas vorsichtig mit seiner verschrenkte, aber wieder löste.
Kurz presste ich meine Lippen aufeinander, ehe ich einmal tief durchatmete und schließlich meinen Kopf in den Nacken legte.
Dann schloss ich für einen Moment meine Augen und spürte wie eine Träne aus meinem Augenwinkel meine Wange hinablief. Wir beide wussten, dass dieser Tanz entschieden war. Also würde ich mir schwören müssen, zu gewinnnen.
Langsam senkte ich meinen Kopf wieder und näherte mich wieder dem Gesicht des Karrieros.
Inzwischen hätten sich unsere Nasenspitzen berühren können.
Es schien eine ewige Zeit zu vergehen, in der ich ihm einfach nur in seine Augen sah und versuchte daraus Schlüsse zu ziehen. Aber selbst jetzt war der Junge mir ein Rätsel.
"Danke.. für alles", brachte ich etwas gequetscht zustande und beugte mich noch ein Stückchen vor, bis ich ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. Selbst danach zögerte ich einen Moment und entfernte mich nicht weiter, um ihm den Todesstoß zu versetzten, sonder lächelte wieder etwas versteckt.

Langsam wurde ich müde. Ernsthaft ich starb hier und meinem Körper fiel nichts besseres ein, als sich lötzlich an dern verlorenen Schlaf zu erinnern. Kurz schloss ich die Augen.

"Du schummelst", keifte ich Svea an und fegte mit einer Hand alle Spielfiguren vom Brett. Sie hatte schon zum 3 mal oder so eine 6 gewürfelt und das einzige Manderl was ich bis jetzt heraus bekommen hatte, hatte sie natürlich geschmissen.
"Gar nicht wahr", brüllte meine kleine Schwester zurück und flüsterte leise: "Mensch ärgere dich nicht." Na und so hieß das Spiel und ich würde mcih nicht ärgern, wenn sie nicht schummeln würde.
Wütend schmiss ich die Würfeln nach dem kleinen Mädchen und sie begann natürlich zum Heulen. Kurz darauf tauchte Mama in der Türe auf und nahm Svea hoch um sie zu trösten.
"Sie hat es verdiehnt, sie hat geschummelt", verteidigte ich mich unter ihrem strengen Blick.
Tadelnd sah mich Mama an: "Brix es ist nur ein Spiel."

Ich riss meine Augen auf, als sie ihre Finger kurz mit meinen verschränkte. Einen Moment brauchte ich um wieder klar zu werden, wo ich war.
"Nur ein Spiel", wiederholte ich die Worte in meinem Kopf. Das Lächeln auf meinem Gesicht schwand. Wieso war ich eigentlich so blöd um in die Spiele zu gehen? Ich hatte in meiner Kindheit nahezu jedes Spiel gegen Svea verloren. Kein Wunder das es jetzt auch so war.
Dann blickte ich hoch zu Anny. Die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit hier sammelten sich in meinem Kopf. Die Unsicherheit am Anfang, die Freundschaft nach unserem Kampf, die Gefühle, die wohl doch nicht nur von den Drogen kamen, das entsetzliche Gefühl nach ihrem Verrat und der unbändige Wunsch sie dafür zu vernichten.

Mit der freien Hand fuhr ich mir über die Stelle, wo ihre Lippen meine Wange berührt hatten. Mein Herz raste, ob von dem Kuss oder der Gewissheit das es zu ende ging, wusste ich nicht.
"Wofür?", fragte ich. Wofür wollte sie mir wirklich danken. Ich hatte alles verkehrt gemacht.
Die unzähligen hungerspiele liefen vor meinem geistigen Auge ab. Alle die ich mir in den letzten Jahren immer wieder angesehen hatte um eine Strategie zu entwickeln. Verlorene Stunden.

"Du hattest Recht", murmle ich und versuche die Bilder zurück zu drängen. Die Erinnerungen waren langweilig im Vergleich zu dem hier.

Er wurde schwächer. Noch aber spürte ich sein Herz unter seiner Brust klopfen. Noch. Nicht mehr lange. Als Brix seine Augen wieder aufriss, zuckte ich kurz zusammen.
Eigentlich wäre es mir wirklich lieber, würde ich an seiner Stelle liegen oder wenigstens jemand anderes diesen Job erledigen.
"Dafür, dass du immer da warst, auch wenn ich manchmal nicht das Gefühl hatte sicher zu sein, hast du mir gezeigt, dass ich nicht aufgeben darf", meinte ich leise, wusste aber, dass ich das was ich wirklich fühlte niemals in Worte umwandeln konnte.
Mein Blick wurde etwas sanfter und heftete an seinen Augen. Aber genau jetzt musste ich aufpassen, ich durfte nicht aufgeben.
Bei seinen nächsten Worten riss ich etwas erstaunt meine Augen auf und näherte mich ihm schon wieder etwas unbemerkt. "Wirklich? Du siehst dein Leben, die Erinnerungen? Der Grund warum Menschen so lange an Erinnerungen festhalten ist, weil Erinnerungen das einzige sind, was für immer bleibt", sagte ich schließlich und lächelte ein bisschen.
Dann legte ich meine Hand über die seine an seiner Wange.
"Ich werd dich nicht vergessen", dachte ich, konnte ich aber nicht sagen, da es zu sehr schmerzte. Ich hasste Abschiede. Vorallem, weil ich in Brix mehr oder weniger einen Freund gefunden hatte. Und langsam glaubte ich, dass es beinahe mehr war. Aber das durfte ich nicht denken. Nicht hier.

Ich lächelte ihr sanft zu und nickte, anstatt zu antworten.
Seltsam wie einfach es jetzt war, sich damit abzufinden. Kurz schloss ich die Augen. Die Bilder von unserem gemeinsamen Bad kamen zurück. Die kleine Oase in dieser Arena. Ich schüttelte den Kopf und zwang mich zurück. Ich würde hier nicht siechend sterben.
Ihre Hand an meiner Wange fühlte sich gut an. Ich verschrenkte meine Finger mit ihren, dann versuchte ich sie dann von mir hinunter zu schieben. Nicht um noch einmal zu kämpfen, aber ich wollte nicht hier am Boden und im Dreck sterben.
Als sie endlich herunten war, richtete ich mich mühselig auf. Es war schwer. Vorallem das durchstochene Bein wollte nicht wirklcih. Aber schließlich nach dem dritten oder vierten Versuch stand ich endlich mit wackeligen Beinen vor ihr. Wir hatten den Todestanz begonnen und wir würden ihn beenden. Auch wenn meine Waffen noch immer am Boden lagen und ich bezweifelte, dass ich wiede rhoch kommen würde, wenn ich versuchte sie aufzuheben.
Stattdessen streckte ich Anny die Hand hin. "Ein letzter Tanz?"

Es war ein ungewohntes Gefühl meine Hand in der Seinen zu spüren, aber es hatte irgendetwas an sich, was mich auf eine Art fesselte, die ich noch nie vorher verspürt hatte. Ich erwiederte etwas schwach das Lächeln des Karrieros, war aber unfähig etwas zu tun, als er mich von sich schob.
Etwas fasziniert sah ich ihm dabei zu, wie er sich etwas mühsam aufrichtete und schließlich vor mir stand. Brix musste ungeheure Willenskraft haben, um sich noch auf den Beinen halten zu können, aber ich wusste, dass das nicht sehr lange anhalten würde.
Vorsichtig trat ich auf ihn zu und legte meine Hand wieder in die Seine.
"Ein letzter Tanz", meinte ich schließlich nickend.
Wenn mich die Verletzungen und die Spritze nicht ganz außer Gefecht gesetzt hatten, meinte ich sogar noch eine leise Musik zu hören, welche schließlich zu einem neuen Tanz aufforderte.
"Du weinst doch jetzt nicht ernsthaft wegen mir, Kleine.", schoss es mir wieder durch den Kopf. In diesem Moment konnte ich nicht anders, als leise 'Doch' zu flüstern und zu nicken.
Langsam steckte ich meinen Dolch zurück an den Gürtel. Ich glaubte kaum, dass er noch in der Lage war, mir den Todesstoß zu versetzen, auch wenn das womöglich ein Fehler war.
Als Brix erneut wankte, befürchtete ich im ersten Moment, dass er wieder umkippen würde, weshalb ich etwas unbedacht einen weiteren Schritt auf ihn zu machte und ihn ein wenig stütze. Soweit ich noch denken konnte, spürte ich eine leichte Röte auf meinem Gesicht und leckte mir kurz über meine trockenen Lippen.
Dann fing ich langsam an, mich mit kleinen Tanzschritten zu bewegen und mich um Brix und mich selbst zu drehen.

Jede Phaser in meinem Körper schrie vor Schmerz auf, als ich einen Schritt auf Anny zu trat. Ich taumelte sogar, aber sie half mir kurz und dann ging es wieder. Ich schluckte. Vermutlich war es nicht die beste Idee aber wenigstens das wollte ich noch schaffen.
Gladiatoren wurde im Training beigebracht, wie sie im Fall am würdevollsten in der Anrena starben, mir nicht, aber ich hatte so das Gefühl, das ich das nicht schlecht machte.
Ich lächelte und dann begannen wir wieder zu tanzen. Vielleicht war es nur Einbildung aber ich glaubte wieder Musik zu hören.
Es waren einfachere Schritte. Ein langsamer Walzer, mehr würde ich im Moment auch nciht packen. Das der Körper wirklich so schwach sein konnte?
Mit einem Lächeln blickte ich zu Anny hinunter, die sich erneut unter meinem Arm hindurch drehte. Es war gegen alle Vernunft, dennoch hoffte ich, dass sie nun gewinnen würde.
Mein verletztes Bein gab unter mir nach. Nur mit Mühe schaffte ich es gerade noch nicht umzukippen und mich wieder aufzustellen. Langsam ging es vorbei.
"Zihe deinen Dolch", flüsterte ich Anny zu. Eine versteckte Bitte, denn ich wollte hier nicht einfach vor Schwäche zusammen brechen. Ich sah ihr in das Gesicht. Tränen liefen ihr über die Wangen, sie noch rot waren von ihrem Blut. Vermutlich war sie die einzige die deswegen weinte. Meine Eltern waren wohl nur enttäuscht und Svea wohl voller Schadenfreude.
Die Musik verstummte und wir blieben stehen. Sie kaum eine Handbreit von mir entfernt. In ihrem Gesicht spiegelte sich das Licht der augfgehenden Sonne. Vorsichtig strich ich ihr mit einer Hand eine Strähne aus dem Gesicht, die andere Hand ruhte noch in ihrer. Für einen Moment wandte ich den Blick von ihr ab und sah in den Morgen. Was sollte es? Mittlerweile war es egal.
Ohne noch einmal zu zögern, beugte ich mich vor und legte meine Lippen auf ihre.

Beinahe war es auch schon so, als ob ich die Schmerzen, die Brix ertragen musste, selbst mit fühlte. Als sein Bein nachgab, versuchte ich wieder ihn etwas zu stützen, wusste aber, dass es ihm dadurch nicht besser ging.
Bei seinen Worten ümhüllte mich erneut der Trauer. Ich wusste nicht, ob er sich überhaupt vorstellen konnte, wie sich so etwas anfühlt. Zu wissen, dass man jemanden die nächsten Minuten umbringen wird, für den man am Ende etwas empfunden hatte.
Ich zog meine Hand nicht aus Seiner, aber meine andere umfasste bereits den Griff meines Dolches, als er eine Haarsträhne aus meinem Gesicht strich.
Für einen Moment hielt ich Inne und sah Brix zu, wie er sich dem Horizont zuwandte, sich dann aber plötzlich zu mir runter beugte und mich küsste.
Etwas erschrocken riss ich meine Augen auf, war aber unfähig etwas zu tun.
Ein Gefühlsschub durchströmte meinen Körper, sodass es beinahe schon wehtat.
Letzendlich schloss ich dann doch meine Augen und spürte seine Lippen auf meinen. Es war wohl der größte Fehler überhaupt, aber daran ändern konnte man nichst mehr.
Es war eine vorsichtige Berührung, wir beide wussten, dass es der Abschied sein würde. Zwischendurch schmeckte ich die salzigen Tränen auf meinem Mund, welche höchst wahrscheinlich von mir stammten.
Ich drückte meine Hand etwas zu und umschloss die Seine.
Ich wusste, dass er mir in dem Moment es noch schwerer gemacht hatte, ihn zu töten. Aber ich würde es tun. Für ihn.
Worte um mich zu verabschieden fielen mir nicht mehr ein. Es hätte das ganze vermutlich kaputt gemacht.
Als ich meine Augen öffnete, sah ich kurz den Dolch in meiner erhobenen Hand aufblitzen.
Sanft erwiederte ich kurz den Kuss des Karrieros, ehe ich meine Hand niedersausen sah.
Der Dolch steckte.
Meine Hand ließ den Knauf der Waffe los und legte sich fast automatisch um Brix' Hals.
Er starb in meinen Armen.
Langsam löste ich mich von seinem Kuss und sah ihn an. Dass die Tränen einfach weiter liefen beachtete ich nicht.

'Annyca Sescon' hat folgende Handlung ausgeführt: Würfel

'normaler Würfel' : 1

Vermutlich war das gerade ein Fehler. Aber es war mir egal. Auch wenn ich sie damit zurück lassen würde. Ihr Kuss brannte auf meinen Lippen und schien mir noch etwas Kraft zurück zu geben. Was vermutlich nur Einbildung war.
Meine freie Hand legte ich ihr auf eine unverletzte Stelle am Rücken und zog sie noch eine Spur näher. Ob sie jetzt noch Chancen hatte? Eigentlich wollte ich sie vor Angi warnen, aber sie würde seelbst wissen, dass ihr das Mädchen vermutlich hinterher jagen würde. Vermutlich würde Angi denken, der Kanonenschuss gleich würde dem Mädchen aus Distrikt 2 gelten und sie würde auf mich warten oder mich suchen.
Ich fragte mich, wie es wohl wäre, wenn es umgekehrt wäre. Wenn Anny daran wäre zu sterben und nicht ich. Ich wünschte mir, dass es in dem Fall gleich wäre, aber ich bezweifelte es.
Der Kuss bedeutete Abschied. Dennoch war ich froh ihn mit ihr zu teilen. Ich schloss ebenfalls meine Augen und fühlte wie Tränen in mir aufstiegen. Seit über zehn Jahren hatte ich kein einziges Mal geweint. Erbärmlich.
Flüchtig drückte sie mir noch einen Kuss auf die Lippen und ich wusste schon, was passieren würde, bevor ich den Stich fühlte. Tötlich.
Entsetzt riss ich die Augen auf, auch wenn es doch genau das war, worum ich gerade noch gebeten hatte. Eine Kälte durchzog mich und ich klammerte mich hilfesuchend an ihrer Hand fest.
Meine Beine gaben unter mir nach und ich fiel in die Knie. Nun auf Augenhöhe mit Anny blickte ich sie an. Ich brachte ein winziges Lächeln zu stande während mein Herz flatternd starb. Danke. Es zu sagen schaffte ich nicht mehr, aber ich hoffte, sie konnte es erkennen.
Eine Träne des Schmerzes lief mir aus dem Auge. Ich fühlte wie sie über mein Gesicht lief, bis zu meinem Kinn und hinunter fiel. In dem Moment wurde es schwarz um mich herum. Mein Herz machte einen letzten flatternden Schlag, dann verstummte es. Und ich fiel ins Nichts.

Es schmerzte unheimlich, als ich in die entsetzten Augen von Brix sah.
Durch den verschwommenen Schleier der Tränen sah ich ihn an.
Ich biss mir auf die Lippe und drückte seine Hand, als ich spürte, wie er sich an mir festhalten wollte. Dann ging ich mit ihm auf die Knie.
Sein Lächeln erwiederte ich nur etwas zwangsweise unter blutenden Tränen. Schließlich sah ich, wie sich eine Wasserperle aus seinem Augenwinkel löste und seine Wange hinab zu seinem Kinn kullerte.
Vorsichtig fing ich seine Träne mit einem Finger auf und sah die schimmernde Wasserperle an.
Dann fiel sie. Wie in Zeitlupe landete sie zwischen mir und Brix auf dem Boden und verschmolz mit dem Blut im Gras.
Als ich aufsah ertönte im selben Moment ein Kanonenschlag und die Musik verstummte augenblicklich.
Ich zog scharf die Luft ein und fing den Karriero auf, als er nach vorne sackte.
Vorsichtig stand ich auf, hielt aber immer noch seine Hand fest, welche meine umklammerte. Dann kniete ich mich neben den Jungen.
Behutsam legte ich seinen Kopf auf den Boden und strich einmal mit meinen Fingern um seine Augen, schloss diese und wanderte weiter zu seinem Mund.
Vorsichtig beugte ich mich über ihn und hauchte ihm einen Kuss auf seine Lippen, ehe meine Hand aus seiner löste, wenn auch etwas unwillig.
Dann tat ich etwas, was mir erst im nachhinein bewusst wurde.
Ich riss mir die Kette mit der Pfeilspitze aus Feuerstein von meinem Hals und legte sie in Brix Hand. Schließlich schloss ich sie und stand auf.
Eine einzelne Träne fiel von meinem Gesicht auf das Seine.
Dann drehte ich mich um und lief in den Wald.
Es war beinahe so, als ob die Umgebung um mich herum begann zu verlaufen.
Ich sah nach rechts und links und meinte, alles in Trance zu sehen. Das Gefühl welches ich hatte konnte ich nicht beschreiben.
Einzig und allein schwor ich mir, für Brix zu gewinnen und mich an jenen zu rächen, die schuld daran waren, dass ich hier war. Diese Personen waren nicht die Leute vom Kapitol, sondern mein Vater und meine ältere Schwester.
Mehr stolpernd als laufend verschwand ich im Wald.
Immer noch spürte ich die Berührung auf meinen Lippen und seine Hand in meiner. Ich hatte Angst.

--> Waldabschnitt & Quelle (Sommer)