Die Villa der Kraals

Trotz dass Nina nur eine kleine Portion wollte lud meine Mum ihr die Schale voll und lächelte nur. Scheinbar hatte sie Angst, dass Nina gleich vom Fleisch fallen würde wenn sie das nicht alles aufaß. Ich musste lächeln und aß an dem Inhalt, meine nicht weniger volle Schale.
"Ja, sind sind wunderbar nicht?", meine Mutter stahlte, sie liebte die Winterbeeren die meine Verwandschaft, die stillschweigend ihr Eis aßen, mitgebracht hatten. "Ach, das ist eines der wenigen Dinge die ihr hier vermisse. Das frische Obst und Gemüse, bis auf einigen Geschäften gibt es das hier ja leider nur sehr selten.", fügte sie wehmütig hinzu, lächelte nina dann aber wieder an und legte den Löffel in ihre leere Schale. "Mir fehlen die wilden Brombeeren, die im Garten sind zwar so halbwegs wild aber irgendwas schmeckt trotzdem nicht so wie es sollte", gab auch ich meinen Senf dazu und dachte mir wie man es nur schaffen konnte sie über Obst und Gemüse zu unterhalten, was mich wiederum innerlich zum grinsen brachte.

"Das kann ich mir denken", erwiderte ich freundlich, auch wenn es mir in Wirklichkeit schwer fiel. Ich kannte nicht viel mehr Obst, als Apfel, Bananen, Nektarinen und Erdbeeren und bisher hatte es mich auch nicht groß gestört. Ich kannte noch nicht mal den Unterschied zwischen Obst und Gemüse.
Ich legte den Löffel in die leere Eisschale und wartete darauf, dass die anderen fertig wurden. Kurz warf ich Jair einen fragenden Blick zu, was wir jetzt machen wollten.

(hi kommst du in den chat?)

Nachdem alle aufgegessen hatten, saßen wir da und ein unangenehmes Schweigen machte sich breit. Zwar lächelten alle seelig, aber Nina konnte ich ansehen, dass sie wartete was wir nun machten. Das war eine gute Frage. Normal saßen wir noch da und plauderten über den Distrikt, mein Cousin verschwand in den Trainingsturm und ich in mein Zimmer. Bevor ich etwas sagen konnte ergriff Ray das Wort. "Wenn ihr wollt kann ich euch mit ins Trainingscenter nehmen. Wird bestimmt kein Problem sein. Aber ich weiß nicht ob Jairychen das will?", mit einem leichten funkeln sagte er es. Fragend sah ich nina an. hatte sie lust dadrauf? bzw war es wirklich so einfach wie Ray tat?

Ray's Frage verwunderte mich und ich glaubte nicht, dass das legal wäre. Aber reizen täte es mich schon. Nur war die Frage, ob Jair es auch wollte. Schließlich waren es seine schlechten Erinnerungen an die Tribute. Dort müsste ja auch das Zimmer sein, dass Sila in ihren letzten Tagen bewohnt hatte. Überrascht und schockiert stellte ich fest, dass ich ihren Namen wütend dachte.
Ich zuckte mit den Schultern: "Könnte interessant sein und Jairilein hätte dann seinen drei Freundinnen in der Schule was spannendes zu erzählen." Fügte ich ironisch noch hinzu und stellte mir bildlich vor, wie die drei Hühner gelb vor Neid würden.

Die Frage von Ray traf mich unvorbereitet wie ein Schlag in die Magengrube. Warum tat er dass? Wollte er mich quälen, auf die Probe stellen? Weil ich konnte mir nicht denken, dass er es tat um mir über den "Berg" zu helfen. Und was war das von Nina? Ihr Kommentar machte das ganze nicht besser. Sollte sie doch mit Ray einen Friede, Freude, Eierkuchennachmittag im Trainingscenter verbringen. Ich biss mir auf die Unterlippe, diese Situation war wirklich unangenehm und alle Blicke lagen auf mich. Am liebsten wäre ich einfach aufgestanden und verschwunden. An den einzigsten ruhigen Platz, aber selbst diesen kannte Nina nun. Zwar war der letze Teil mehr als ironisch gemeint aber trotzdem hatte er mich verletzt. Schnell schluckte ich den Kloss im hals hinunter und versuchte mich zu entscheiden. Für einen Nachmittag mit Nina und Ray im Trainingscenter oder für einen Nachmittag zuhause alleine. Fast hätte ich mich für das 2. entschieden aber irgendwann musste ich wohl dadurch. "Ja die drei werden sich sicherlich über meine Berichterstatung freuen." und ließ es einfach so im Raum stehen.

Jair schien entsetzt über die Frage aber auch über meine Antwort zu sein. Er war wohl wirklich noch nicht über Sila hinweg. Ich erwartete schon, dass er sich heftig gegen den Vorschlag wehrte und ich hätte es auch verstanden. Dann stimmte er jedoch überraschend zu.
"Wenn du nicht willst, können wir auch was anderes machen", meinte ich dennoch.

Nina und Ray sahen mich schon fast erschrocken an, als ich keine Widerworte gab. Ich konnte eben auch überraschend sein. "Nein passt schon", versicherte ich mit Nachdruck. Da musste ich jetzt durch und ich hoffte, meine Maske würde ich lang genug aufrecht erhalten können. Keine Schwäche wollte ich zeigen, weder Ray noch Nina noch dem Rest. Um das ganze noch zu untermauern stand ich auf und brachte die Schälchen in die Küche. Aber ganz ehrlich konnte ich auch nicht sagen, warum ich das machte und nicht einfach zuhausblieb und mich verschanzte.

Obwohl Jair bekräftigte, dass es ihn nicht störte, strafte sein Blick, den er an die Wand heftete, ihn Lügen. Vermutlich hätte ich ablehen sollen, damit er nicht vor seinem Cousin und seiner Familie sein Unwollen erklären müsste und womöglich weitere Stichelein und unangenehmen Fragen ausgesetzt war.
Als er aufstand und einen teil des Geschirrs in die Küche trug, stand auch ich auf und stappelte ein paar leere Schüsseln um sie ebenfalls hinaus zu tragen. Seine Mutter wollte mir zwar es abnehmen, aber ich deutete an, dass ich mit Jair reden wollte und sie ließ mich.
In der Küche stellte ich das Geschier in die Abwasch und meinte dann zu Jair, der mit dem Rücken zu mir stand. "He, wenn es für dich zuviel wäre oder so, müssen wir wirklich nicht gehn. Ich behaupte einfach, wir hätten was anderes vor."

Gerade als ich des kleine türmchen auf die Ablage stellte und die Spülmaschine öffnen wollte, bemerkte ich, dass Nina mich nachgekommen war. Ja es war wohl zu viel für mich, aber ich wollte nicht als Weichei dastehen, jedenfalls jetzt. "Ist schon in Ordnung", sagte ich matt und drehte mich um und Nina würde wohl auch gleich sehen, dass es nicht Okay war. "Es ich..ich muss das packen, das hinter mir lassen", murmelte ich mehr in mich. Am liebsten hätte ich sie gebeten das abzusagen, aber wie stand ich dann da? Nervös kratzte ich mich an meinem Handgelenk und spielte mit meinen Fingern herum, verhakte sie, faltete sie. Ich wusste doch wie seltsam es war, dass ich noch an sila hing aber irgendwie konnte ich es nicht einfach vergessen und verträngen wie einen schlechten Geschmack im Mund.

Wieder behauptete er, dass es in Ortnung war, auch wenn jeder sehen konnte, dass es nicht so war oder zu mindestens ich konnte in seinem Gesicht lesen, wie in einem offenem Buch. Kurz überlegte ich, ob ich nicht einfach aufhören sollte, nachzustochern und wir nicht einfach gehen sollten. Aber das wäre in diesem Fall nicht richtig. Gleichmäßig kratzte er sich über das Handgelenk und das zeugte schon von seiner Nervosität. Ich kannte so ein Verhalten von meiner Mutter, wenn sie ausnahmsweise nicht an Stoff kam. Wenn er weiter so machte, würden wohl bald blutenden Kratzer entstehen, nicht gerade etwas, was er verheimlichen könnte.
"Sonst gehen wir einfach zu der Hinrichtung, Amber kennt den Typen, vielleicht ist der Kerl ja mein Vater, wer weiß. Wir könnten ja mal nachschauen und wenn Ray dann ins Trainingscenter muss, gehen wir Kaffee trinken", meinte ich mit einem schwachen Lächeln.

Fast schon einbisschen mitleidig sah Nina mich an, als ich dastand und sie anblickte. Für einen kurzen Moment kam ich mir vor wie ein begossener Pudel. Dieser war einer der Momente, die ich absolut hasste. DAnn schlug Nina dass mit der Hinrichtung vor. Gut das war besser als das Trainingslager, aber ja ich war kein großer Fan davon. Aber das war egal, danach konnten wir Ray einfacher abschieben als im Center. "einverstanden. sollen wir danach ein paar Haare einsammeln, damit wirs testen können?", versuchte ich es zu überspielen. "Und das mit dem Kaffee ist die beste Idee des Tages", und dann lächelte ich zaghaft.

"Eigentlich meinte ich eher vom Aussehen her. Der Typ ist Drogendealer, der hat vermutlich so viel Stoff intus, dass schon seine Haare zum Rauchen gut wären und damit illigal", entgegnete ich scherzhaft.
Auf den Kaffee freute ich mich schon jetzt. Etwas besseres könnte es im Moment nicht geben, nur mussten wir vorher klein Ray los werden. Den wollte ich nicht mit ins Koma nehmen. Am ende könnte ich mich wegen dem dort nie wieder blicken lassen.
"Ok, dann packen wir's", meinte ich und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu, bevor ich wieder zur Tür ging.

"Meinst du man würde es noch sehen? Wenn seine Haare schon nicht brauchbar sind, sieht er bestimmt ganzschön eingefallen aus", gab ich ernst zu bedenken.
"Oke", dann ging ich ihr hinterher.
Ray sah uns misstrauisch an, als hätten wir sonst etwas in der Küche getan, von dem er versuchte es zu erraten. "Wir dachten uns, dass wir uns das Trainingscenter morgen auch noch anschauen könnten und dir lieber die Hinrichtung zeigen wollen", sagte ich mit fester überzeugender, aber trotzdem einladender Stimme. Meiner Mum schien das wohl nicht ganz so zu passen, da sie mich seltsam ansah, als wäre ich jemande Fremdes. "Alles klar, wird bestimmt nett", gab Ray von sich und das war sein einzigster Kommentar zu der Sache. Da wir los mussten, um nichts zu verpassen machten wir uns auf den Weg.

Bei seiner Frage zuckte ich mit den Schultern. Ich glaubte ja selbst nicht wirklich daran und eigentlich war es mir auch egal. Mein Vater war für mich schon tot, egal wer er war. Aber die Hinrichtung war das kleiner Übel und - so ungern ich es auch zugab, aber ich wurde so erzogen, wie alle Kapitolkinder - fand ich vielleicht eine kleine Spur von Blutdurst bei dem Gedanken, wieder einen Menschen sterben zu sehen. Mich interessierte so etwas, das Verhalten der Deliquenten kurz vor ihrem sicheren Tod, ihr Sterben, die Überlegung welche Gedanken ihnen in dem Moment noch durch den Kopf jagten.
"Alles klar, wird bestimmt nett."
Rays Aussage riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte nicht bemerkt, dass wir zurück in die Küche gegangen waren. Nett? Ich verkniff mir eine Bemerkung dazu und ermahnte mich, dass ich selbst gerade auf die selbe Art darüber gedacht hatte.
"Ok, dann gehen wir. Bin gespannt ob mir der Typ ähnlich sieht", meinte ich und ließ die Bemerkung wie zufällig einfließen, damit Jairs Familie wusste, dass es meine Idee war und nicht von Jair ausging.

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